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Karin Kalisa: Sungs Laden

#1 von Sirius , 26.10.2022 16:19

Karin Kalisa: Sungs Laden

 In ihrem Debüt „Sungs Laden“ entwirft Karin Kalisa eine charmante Utopie des Zusammenlebens

Gerade im von sanierten Altbauten geprägten, hoch gentrifizierten Stadtteil Prenzlauer Berg gehören zahlreiche vietnamesische Geschäfte und Restaurants zum Stadtbild. Hier spielt Karin Kalisas Debütroman Sungs Laden. Prenzlauer Berg – zu DDR-Zeiten dem Verfall überlassen, hat sich der Kiez nach dem Fall der Mauer bekanntlich zum Szeneviertel entwickelt. Aber anders als in anderen Städten geht man hier weniger ins türkische Lebensmittelgeschäft, sondern macht seinen täglichen Einkauf nicht zuletzt beim Vietnamesen. In Berlin leben verhältnismäßig viele Menschen mit vietnamesischen Wurzeln, rund 20.000 sollen es sein. Teils sind sie noch in Vietnam geboren, teils in zweiter oder dritter Generation in Deutschland.

Als sich nach dem Vietnamkrieg der vietnamesische Norden und Süden zur Sozialistischen Republik vereinigten, holte die DDR massenhaft sogenannte Vertragsarbeiter ins Land. Bis 1989 stieg die Zahl der Vietnamesen in Ostdeutschland auf etwa 60.000. Ihre Geschichte weist Analogien zum Schicksal der westdeutschen Gastarbeiter auf. Sie waren billige Arbeitskräfte, hatten kaum Rechte und sollten erst gar nicht wirklich in die Gesellschaft integriert werden. Es entstand eine stille Community, die irgendwie neben der Gesellschaft lebt.

Genau hier spielt Karin Kalisas Roman. Seinen Anfang nimmt die Geschichte in Sungs Laden. Sung ist so ein Sohn vietnamesischer Einwanderer, die als Vertragsarbeiter in die DDR kamen. Sung ist Berliner, sogenannter Prenzlberger, wenn man es genau nimmt. Eigentlich wollte er weiter Archäologie studieren und nach antiken Vasen graben, übernahm jedoch nach dem Tod seines Vaters Gam den kleinen Laden, in dem man noch alles finden kann, was es sonst kaum mehr zu kaufen gibt. Selbst Zeitungen vom Vortag.
Mit dem Heimatland seiner Eltern verbindet ihn nicht mehr viel. Er war nie in seinem Leben in Vietnam und nicht einmal die Sprache spricht er wirklich. Das ändert sich, als sein Sohn Minh für eine Schulaufführung etwas typisch Vietnamesisches mitbringen soll und seine Mutter Hien eine Holzpuppe, die lange Zeit eingewickelt in der Wohnung gestanden hat, hervorholt. Mit dieser Vorführung aber ändert sich noch mehr. Eine Lehrerin der Schule lässt einige dieser Holzpuppen nachbauen, um sie für eine Protestaktion zu verwenden.

Und plötzlich beginnt der gesamte Prenzlauer Berg, vietnamesisches Leben aufzunehmen. Überall sieht man auf einmal diese fürs vietnamesische Wasser-Puppenspiel gefertigten Figuren in den Schaufenstern, Menschen beginnen Vietnamesisch-Unterricht zu nehmen und der Nón lá, der vietnamesische Kegelhut, wird zum Modeaccessoire. Der Prenzlauer Berg blüht auf.

Weiterlesen:

https://www.freitag.de/autoren/sandro-ab...prenzlauer-berg


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Sirius
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