Wie sich Superreiche vor Steuern drücken
In deutschen Gewerbesteueroasen sparen die Reichsten der Gesellschaft viel Geld. Das trifft Kommunen, denen dadurch Einnahmen fehlen.
Das Schwimmbad, das es so nicht mehr geben würde, liegt am Wuppertaler Stadtrand. Die wohlige Wärme strömt den Besuchern entgegen, während Thomas Heider die wenigen Treppen hinauf zum Becken steigt. Dort zieht eine Reha-Gruppe mit Seniorinnen und Senioren ihre Runde. Rund herum hängen die riesigen Werbeplakate für allerlei Firmen, die gespendet haben, um das Schwimmbad zu erhalten. Eigentlich hätte das vor zwölf Jahren schließen sollen. Der Stadthaushalt war im Minus und das trifft als Erstes immer die Menschen. Die hätten in der Folge bis zu 25 Minuten länger zum nächsten Schwimmbad gebraucht und damit viel weniger Zeit zum Schwimmen gehabt. Mögliche Konsequenzen daraus zählt Heider viele auf: „Dass wir Nichtschwimmer unter den Kindern haben, dass wir Leute haben, die keine Bewegung mehr kriegen und die keine sozialen Kontakte mehr pflegen dürfen.“ Also retteten er und ein ganzer Verein von Ehrenamtlichen das Bad, das sie heute in ihrer Freizeit betreiben. Geplant war das so nicht. Aber es gehe eben nicht anders, wenn die Kassen klamm sind, sagt er.
Die Stadt Wuppertal ist mit solchen Problemen nicht allein. Zwar zeigen aktuelle Steuerschätzungen, dass die Einnahmen für Gemeinden in den kommenden Jahren steigen. Doch der Schein trügt, wie der Vorsitzende des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, sagt: „Lediglich auf dem Papier haben die Städte ein Mehr an Steuereinnahmen. In der Realität können sie dafür aber weniger kaufen.“ Während die Ausgaben steigen, fehlt es Kommunen an Einnahmen, beispielsweise aus der Gewerbesteuer. Ein Grund dafür: Unternehmer und Superreiche verlagern ihre Firmen auf dem Papier in sogenannte Steueroasen. Viele denken dabei an weit entfernte Südseeinseln, doch die Orte mit extrem niedrigen Steuern gibt es auch in Deutschland. Firmen zahlen dort für ihre Tochterfirmen deutlich weniger Gewerbesteuer als an ihrem Heimatstandort, was ihnen oft Millionen Euro einspart.
Recherchen des ARD-Magazins „Plusminus“ und der Süddeutschen Zeitung zeigen, dass in einer solchen Gemeinde beispielsweise der Milliardär Ludwig Merckle und seine Familie zu finden sind. Sie haben diverse Firmen in Schönefeld in Brandenburg angemeldet, wo die Gewerbesteuer sehr niedrig ist. Dort finden sich auch die Inhaber der Edelsocken-Marke Burlington, die zum Falke-Konzern gehört. Nach den Firmensitzen gefragt, wollte Merckle keine Fragen zu seinen Firmen beantworten. Falke schreibt, man halte sich an geltendes Recht. Einzelne Kommunen als „Steueroase“ zu bezeichnen, hält man für diskreditierend.
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