Frühling
Wenn es wieder blüht auf Erden,
Frühlingslüfte wieder wehen,
Ach wie viele Berge werden
Zwischen uns, Geliebte, stehen!
Noch vermag ich's nicht zu fassen,
Was es heißt, von dir zu scheiden,
Was es heißt, allein, verlassen,
Dich zu missen und zu meiden.
Schweigen werden meine Lieder,
Kein Gesang wird mehr ertönen
Und die Fremden werden wieder
Uns're stummen Berge höhnen.
Hermann von Gilm zu Rosenegg
Reset the World!
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April
April! April! – Das Wetter narrt
den der ihm vetraut.
April! April! Der Bräutigam harrt
schwankend auf die Braut.
Ist der Monat wetterwendig
– uns ist's einerlei.
Liebe ist aprilbeständig
und dann kommt der Mai.
Rudolf G. Binding
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Und hier mein Lieblings -Mai Gedicht von Erich Kästner:
Der Mai
Im Galarock des heiteren Verschwenders,
ein Blumenzepter in der schmalen Hand,
fährt nun der Mai, der Mozart des Kalenders,
aus seiner Kutsche grüßend, über Land.
Es überblüht sich, er braucht nur zu winken.
Er winkt! Und rollt durch einen Farbenhain.
Blaumeisen flattern ihm voraus und Finken.
Und Pfauenaugen flügeln hinterdrein.
Die Apfelbäume hinterm Zaun erröten.
Die Birken machen einen grünen Knicks.
Die Drosseln spielen, auf ganz kleinen Flöten,
das Scherzo aus der Symphonie des Glücks.
Die Kutsche rollt durch atmende Pastelle.
Wir ziehn den Hut. Die Kutsche rollt vorbei.
Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle.
O, gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!
Melancholie und Freude sind wohl Schwestern.
Und aus den Zweigen fällt verblühter Schnee.
Mit jedem Pulsschlag wird aus Heute Gestern.
Auch Glück kann weh tun. Auch der Mai tut weh.
Er nickt uns zu und ruft: "Ich komm ja wieder!"
Aus Himmelblau wird langsam Abendgold.
Er grüßt die Hügel, und er winkt dem Flieder.
Er lächelt. Lächelt. Und die Kutsche rollt.
(Erich Kästner)
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Der Lenz ist da!
Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,
dann im Kalender und dann in der Luft,
und endlich hüllt auch Fräulein Adelgunde
sich in die frischgewaschne Frühlingskluft.
Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?
Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?
Doch seine Triebe kennen keine Grenze –
dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.
Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:
man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,
und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbe
geblümte Kleid – ja, hat das Gott gewollt?
Die ganze Fauna treibt es immer wieder:
Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid –
die feine Dame senkt die Augenlider,
der Arbeitmann hingegen scheint voll Neid.
Durch rauh Gebrüll läßt sich das Paar nicht stören,
ein Fußtritt trifft den armen Romeo –
mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören ...
Und das geht alle, alle Jahre so.
Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,
stell mir den Kaffee auf den Küchentritt. –
Schon dröhnt mein Baß: Sabine, bine, bine ...
was will man tun? Man macht es schließlich mit.
Kurt Tucholsky
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Gerne, Sirius!
Bei Storchens
Auf der Dorfwiese brütet ein Storch
wie es dazu kam – horch
vor Höhenangst zitternd
Gefahren witternd
schritt er auf der Wiese einher
und so storchte er
mit Frau Storchin vulgär
im Schatten der Linden umher
du zweifelst an meinem Wort
komm mit – ich zeig dir den Ort.
scrabblix
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Wunderschön, liebe Lotte. Das versüßt mir den Tag.
Leogrüße
Schreiben macht schön.
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Wenn nun die Geister
schweigen vorm Fensterladen,
naht der Frühling.
Sirius
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Das Samenkorn
Ein Samenkorn lag auf dem Rücken,
Die Amsel wolte es zerpicken.
Aus Mitleid hat sie es verschont
Und wurde dafür reich belohnt.
Das Korn, das auf der Erde lag,
Das wuchs und wuchs von Tag zu Tag.
Jetzt ist es schon ein hoher Baum
Und trägt ein Nest aus weichem Flaum.
Die Amsel hat das Nest erbaut;
Dort sitzt sie nun und zwitschert laut.
Joachim Ringelnatz
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Ach ist das goldig, da wächst man direkt mit, Lotte.
Leogrüße
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Es erklingen alle Bäume
Es erklingen alle Bäume,
Und es singen alle Nester –
Wer ist der Kapellenmeister
In dem grünen Waldorchester?
Ist es dort der graue Kiebitz,
Der beständig nickt so wichtig?
Oder der Pedant, der dorten
Immer kuckuckt, zeitmaßrichtig?
Ist es jener Storch, der ernsthaft,
Und als ob er dirigieret,
Mit dem langen Streckbein klappert,
Während alles musizieret?
Nein, in meinem eignen Herzen
Sitzt des Walds Kapellenmeister,
Und ich fühl, wie er den Takt schlägt,
Und ich glaube, Amor heißt er.
Heinrich Heine
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Frühling
Der Wind sprang um.
In allen Traufen
Rieselnde, sprudelnde
Tauwasser laufen.
Der Amsel erstes
Zärtliches Singen
Hör ich vom Garten
Herüberklingen.
Und aus dem verschleierten
Schwülen feuchten
Ahnungsbangen
Märzabend leuchten.
Lockend mir deine
Augen entgegen
Wie erste Veilchen
im Frühlingsregen.
Agnes Miegel
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Frühlingsgefühle
Drei Stunden Sonne aus dem All,
ich spür es kribbeln - überall.
Der Frühling öffnet seine Pforte
mit Glückshormonen als Eskorte.
Bald trägt die Nacht ein kurzes Kleid,
die Frauen auch, wird höchste Zeit!
Denn ich will beim Spazieren gehen,
mal wieder schöne Beine sehen!
Vom Laufsteg her ein jeder kennt's,
die Damen zieht's zur Transparenz.
Und Kleider werden wieder bunter.
Trägt Frau von heut noch was darunter?
Ich irre suchend durch die Gassen,
mein Blick kann keine Haut erfassen.
Oh, liebe Sonne, schein bald länger
und sei mein Endorphinenfänger!
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Auch ein Sehnsuchtsgedicht. Aber ein (erwartungs)frohes.
Hast du schön und beschwingt und heiter beschrieben, Jonny.
Sirius
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