Verlierer, Liebhaber, Junkies: In diese absurden Schubladen steckt dich die Werbeindustrie
Ob du es willst oder nicht – die Werbeindustrie verpasst dir beklemmend ungeschönte Labels über deine Persönlichkeit. 650.000 davon haben wir in unserer Exklusiv-Recherche untersucht. Die absurdesten findest du hier. Und ja: Es gibt wirklich eine eigene Kategorie für Loser.
Wenn jemand selbst absurde Details über dich wissen möchte, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder du wirst von jemandem aufrichtig geliebt. Oder jemand möchte dir etwas verkaufen. Möglicherweise interessiert sich die Werbeindustrie sogar noch mehr für deine Eigenheiten als dein liebster Lieblingsmensch.
Seit Jahren arbeitet diese Branche hart daran, möglichst viel über dich zu erfahren, damit sie dich besser mit zielgerichteter Werbung beeinflussen kann. Wann immer du eine App nutzt, eine Website besuchst, mit einer Kreditkarte zahlst oder an einer Umfrage teilnimmst – deine Daten können in einer Sammlung landen. Hunderte Firmen horten Informationen und stecken dich auf dieser Grundlage in Kategorien. In 651.463 Kategorien, um genau zu sein.
Das zeigt die Angebotsliste eines der größten Datenmarktplätze der digitalen Werbewelt. Dort werden die sogenannten „Audience Segments“ gehandelt. Die Werbeindustrie steckt dich in riesige Container für Gruppen mit angeblichen Eigenschaften, die dir Datensammler zugeschrieben haben. Unsere große Recherche zeigt, dass auch zahlreiche deutsche Firmen an diesem Geschäft verdienen.
Zu den naheliegenden Kategorien gehören zum Beispiel „Männer in Deutschland“, „Alter: 20 – 29“ oder „Besuchte Orte: Edeka“. Problematisch wird es bei Kategorien wie: Homosexuelle, Jüd:innen, Muslim:innen, Menschen mit Depression oder Krebs. Und dann gibt es da noch einige Bezeichnungen, bei denen wir uns erstmal am Kopf kratzen mussten.
Schon klar: Viele von uns werden auch irrtümlicherweise in solchen Kategorien landen. Die Werbeindustrie kann keine stichhaltigen Geheimdienst-Akten über uns erstellen. Es genügt ihr, in der Masse genügend passende Menschen zu erreichen. Die Datenhändler selbst sagen sogar, sie würden gar keine sensiblen Daten verarbeiten, sondern nur „allgemeine Interessen“. Macht euch selbst ein Bild. Hier kommen die absurdesten zehn Werbekategorien aus unserer Recherche.
1. Fragile Senior:innen
Name: Conexance > FR > Households > Typology > Typology Conexance G > G2 Fragile Seniors Retirees over 65 Medium-s
Segmentnummer: 13715805
Anbieter: Adsquare
Alten Leuten kann man gut das Geld aus der Tasche ziehen – auf diese Hoffnung setzt man zumindest auch beim Tele-Shopping, bei Kaffeefahrten und beim Enkel-Trick. Solcher Vorurteile zum Trotz lassen sich aber nicht alle Senior:innen über den Tisch ziehen. Wie praktisch, dass die Werbeindustrie hierfür eine weitere Eingrenzung parat hält: Mit einer eigenen Kategorie für fragile Senior:innen. Wir können nur spekulieren, was der wahre Anlass für diese Werbekategorie war. Aber irgendwer in einer Firma hat sich hingesetzt und sie erstellt.
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https://netzpolitik.org/2023/verlierer-l..._eid=7a83bdcc66
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