Karl Lauterbach plumpst ins Sommerloch: Schwarzwald statt Toskana?
Nationalpanik: Karl Lauterbach führt die Hitze in der Toskana auf den Klimawandel zurück und „First Gentleman“ Andrea Giambruno ruft ihm zu, er solle doch in den Schwarzwald gehen, wenn es ihm nicht passt. Über eine Sommerloch-Posse
Es sind wieder einmal Ferien und damit, was Nachrichtenlage und Medien-Aufmerksamkeit anbelangt, Zeit für das, was man früher „Sommerloch-Themen“ genannt hätte. Mittlerweile kann man es ein eigenes Genre der Nachrichten-Unterhaltung nennen. Es handelt sich um „Aufreger“ garantiert ohne jede Substanz, um eine Form der Empörung, die einem das Im-Liegestuhl-Liegen nur um so angenehmer erscheinen lässt, um fein gesponnene Mischungen aus Wohlgefühl und Weltuntergang.
Es gibt vier Hauptgruppen solcher Sommerstories: Die Animal Panic Story (in Berlin wird ein Wildschwein mit einer Löwin verwechselt, im kalabrischen Amantea entfleucht ein Zirkuselefant), die Moral Panic Story (in Freibädern prügeln sich Jugendliche, Frauen wollen wahlweise im Burkini oder oben ohne ins Wasser), die Social Body Panic Story (ein wegen des Streiks nicht ausgelasteter Hollywood-Star referiert über den Zusammenhang von Zwiebelgenuss und Kuss-Szenen) und schließlich die National oder Identity Panic Story, in der sich ein Medienkasper durch einen anderen Medienkasper in seiner nationalen oder sonstigen Ehre gekränkt fühlt.
Die sommerlichen Feelgood-Panic-Storys sind in der Regel so schnell vergessen, wie sie hochgekocht wurden. Gelegentlich finden sie, wie hier, ein Endlager in mehr oder weniger launigen Feuilleton-Glossen. Eine der Ursachen dafür mag sein, dass sie an der Oberfläche herzergreifend banal und ästhetisch grenzwertig sind, dass sie zugleich aber immer auch einen mythischen Kern transportieren, der tief ins kollektive Unterbewusstsein reicht. Das lässt sich etwa an der Nationalpanik-Geschichte zeigen, für die ein deutscher Gesundheitsminister auf Urlaub in Italien und der als „First Gentleman“ titulierte Lebensgefährte der dortigen Regierungschefin und Protagonist des mittlerweile so bezeichneten „Meloni-TV“, vormals RAI, das Material lieferten.
Zwei Menschen, Karl Lauterbach und Andrea Giambruno, die beide schon in ihrer jeweiligen Heimat mehr personalisierten Spott auf sich ziehen, als man es von kultivierten politischen Auseinandersetzungen gewöhnt ist: Lauterbach, der von seinem Erzfeind Markus Söder als Schreckbild von salzloser Blässe und oberlehrerhaftem Bratwurstverzicht angeführt, Giambruno, der gerne einmal nach der Menge von Haargel auf seinem Haupt und nach Preisschildern auf seinen Anzügen gefragt wird. Es sind mit anderen Worten exakt die zwei Pole parodistischer Übertreibung im noch nicht ganz ewigen Drama deutsch-italienischer bzw. italienisch-deutscher Hassliebe. Hier der blasse, ewig nörgelnde, ewig belehrende, sauertöpfische Deutsche, dort der leicht ins Vulgäre tendierende, selbstverliebte, immer laute Italiener.
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