Ilija Trojanow: Tausend und ein Morgen
Mit seinem Roman "Tausend und ein Morgen" kreiert der Schriftsteller Ilija Trojanow durch Zeitreisen und Paralleluniversen einen magischen Raum der Gedankenspiele.
von Jürgen Deppe
Ilija Trojanow bezeichnet seinen neuen Roman in einem Werbevideo selbst als positive Utopie: "Utopie ist die Möglichkeit, das Kommende zu gestalten. Utopie wird ja oft missverstanden als etwas Absurdes, Verrücktes, etwas Unerreichbares. Eigentlich ist Utopie eine Erzählung dessen, was möglich ist, also noch nicht ist. (…) Wir brauchen neue Erzählungen, um uns gerade heutzutage zu befreien von einer Lethargie und einer Passivität, die darin besteht, dass man sich eine andere Welt nicht vorstellen kann."
Trojanows utopische Erzählung beginnt in der Zukunft, in der die Welt sich zur besten aller möglichen gewandelt hat, die Menschen - die jetzt Cya, Samsil oder Domru heißen - aller Sorgen ledig sind und sich dank neuester Zeitreise-Technik der Aufgabe widmen können, auch die Vergangenheit zu einem Ort ohne Erniedrigung zu verwandeln. Denn - so proklamiert es die künstliche Intelligenz GOG: "Geschichte ist das, was anders hätte verlaufen müssen" - damit sich alles früher zum Besseren wandelt und der Menschheit viel Leid erspart wird. Doch: "Die Vergangenheit ist unvorhersehbar."
Denn selbst wenn Cya aus der Zukunft weit zurück in die Karibik des frühen 18. Jahrhunderts zeitreist, um die klassenkämpferische Piratin Fliege vor dem Galgen und die Welt vor einer Entwicklung zum Schlechteren zu bewahren, bleibt die Welt eine ungerechte. Dabei reist Cya doch ins abenteuerliche "Damalsdort", "um es zu verändern, um es zu verbessern".
Die durchaus philosophische Frage, die Trojanow dabei umtreibt: "Ist Geschichte nicht das, was anders hätte verlaufen müssen?" Und wenn man diese Annahme akzeptiere, überlegt er weiter, "inwieweit kann man, indem man in die Zeit zurückreist, tatsächlich einen anderen geschichtlichen Verlauf herbeirufen? Daraus ergibt sich natürlich eine entscheidende Frage: Wo sind die neuralgischen Punkte, wo sind Kreuzungen, die dynamischen Momente in der Menschheitsgeschichte, wo könnten solche Menschen mit einer ganz anderen Haltung und einem ganz anderen Habitus etwas Relevantes verändern?"
Im Roman reist Cya dafür auch noch ins revolutionäre Russland der Jahre 1917/18, ins damals noch jugoslawische Sarajewo des Jahres 1984, als sich dort parallel zu den Olympischen Spielen Geheimagenten aus aller Welt trafen, und ins Bombay der nahen Zukunft, wo sich religiöse Intoleranz gnadenlos Bahn bricht.
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https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Tau...rojanow138.html
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