Laure Adler: Die Reisende der Nacht
Die französische Autorin nähert sich in einem emotionalen Essay einer Lebensphase, die wenig Verlockendes hat.
Älter zu werden und alt – das ist ein unbekannter Weg zu einer Grenze hin. Diese Grenze ist der Tod. Die französische Autorin Laure Adler hat versucht, diesen schwrierigen und schmerzhaften Weg essayistisch zu kartografieren, zu beschreiben.
Ist, wenn man den Begriff des Essays wörtlich nimmt, nicht schon die Jugend, der Beginn des Arbeitslebens, die Gründung einer Familie immer so etwas wie ein Versuch mit dem eigenen Leben? Adler beschreibt den Unterschied: „Lange hat man kein Alter. Der Gedanke streift einen nicht mal; man hat die Zukunft vor sich“. Dann, eines Tages, habe man ein Alter: „Man weiß, dass man sein Leben nicht von vorn beginnen, dass man es kaum noch erfinden kann und dass die Vergangenheit wahrscheinlich die Zukunft bestimmen wird.“
Das eben macht einen großen Unterschied: In der Jugend traut man sich alle möglichen Neuanfänge zu, im Berufsleben, sogar bei der Gründung einer zweiten Familie. Wer jung ist, denkt nur selten an die erwähnte Grenze. Ihr Thema untersucht sie in drei großen Kapiteln. Sie schreibt über das Gefühl des Alterns, die Erfahrung des Alterns und das Bild des Alters. In allen reflektiert sie die Gedanken anderer Autoren, von Marcel Proust bis zu Simone de Beauvoir. Laure Adler ist im Jahr 1950 geboren. Das Buch erschien in Frankreich 2020, Adler, die unter anderem eine große Biografie über Marguerite Duras geschrieben hat, muss es also in ihren späten Sechzigern geschrieben haben.
Es handelt vom Hadern mit Altersflecken und der Frage, wie lange sie noch modische Ohrringe tragen können werde. Sie beschreibt – das gehört zu den vielen schönen Passagen des Buches - ihre Gefühle, etwa wenn sie im Schaufenster eines Optikers das Werbefoto einer schönen alten Frau sieht und kritisiert, dass „Jugend“ zum Maß aller Dinge geworden sei.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/der-w...n-10652377.html
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