Dem Verehrten
Wie lieb ich deinen strengen Ernst,
die Hoheit deines Geistes, deinen klugen Mund
und deiner Augen heitere Müdigkeit.
Und deine Stirn, dies Postschließfach.
Und selbst im Schlafe bist du noch beherrscht.
Ein Edel-Mann, so ernst und so beladen,
als sei es ungerecht, überhaupt zu schlafen
in dieser ungeheuerlich bedrohten Zeit.
Du schläfst gemessen, jederzeit bereit,
auf die Sekunde aufzustehen,
dich ruhig und entschlossen anzuziehn,
dorthin zu gehen, wo man dich braucht.
Wie lieb ich, wenn dann aber auch
dir Lippen, Hände und all deine Herr-lichkeit
so außer sich geraten und mir so ganz
ergeben sind als Herrin deiner Nacht.
Und wenn du dich mit mir
auf schönste Weise so vergißt,
dann spür ich, dass du meine zweite Hälfte
und meine letzte Liebe bist.
Christa Kozik aus „Taussendundzweite Nacht“
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