Letzte Meldung
X

An alle neu registrierten Benutzer!

Wir achten hier auf den Datenschutz. Insbesondere auf die Privatsphäre unserer Mitglieder. Wer sich nur anmeldet, um am "Küchentisch" mitzulesen oder nur Mitgliederlisten einsehen will, wer nur Spam posten möchte und nicht auf meine PNs reagiert, den lösche ich wieder.

Hunger, der die Sprache besiegt

#1 von Sirius , 27.06.2025 14:16

Gaza
Hunger, der die Sprache besiegt

"Der Hunger, den ich erlebe, ist nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Es ist nicht das, was Sie sich vorstellen, liebe Leserin." Ein lyrischer Text aus Gaza.
Von Husam Maarouf
Übersetzung: Iain Galbraith,
zahlreich ausgezeichneter Lyriker,
Essayist, Herausgeber und Übersetzer.

Zu schreiben begann ich nicht als Schriftsteller. Es war nie meine Absicht, mich mit diesem Beruf zu identifizieren, oder mir eine literarische Identität zuzulegen. Ich schrieb nur, weil das Schreiben mir eine Luft schenkte, die ich atmen konnte. Es ermöglichte mir, den Tag zu gestalten, überwältigende Emotionen zu strukturieren und aus dem endlosen Chaos einen Raum der Stille vorübergehend herauszuschneiden. Das Schreiben war kein Fenster auf die Welt, sondern ein Fenster zu mir selbst. Und als die Sprache in mir wuchs, spürte ich, wie ich endlich einen Freund auf diesem brutalen Planeten gefunden hatte, einen, der mir zuhörte, ohne sich abzuwenden, der mir das Gefühl gab, der Welt für kurze Zeit entkommen zu können.

Ich hatte nie erwartet, dass dieser Freund eines Tages schweigen würde. Nicht, weil ich nicht länger schreiben wollte, sondern weil ich nicht länger konnte.
Und der Grund dafür?
Ich hungere.
Seit der Genozid in Gaza begann, habe ich alles in Frage gestellt. In mir geriet alles ins Wanken, was mir wert war und mich geformt hatte. Sogar das Schreiben – jene tiefsitzende Kraft, von der ich zehrte, um Angst, Vertreibung und Trauer zu widerstehen – fühlte sich zerbrechlich an, in Auflösung begriffen. Krieg ist etwas Seltsames. Er zerstört nicht nur Wohnungen, sondern zieht dir den Boden unter den Füßen hinweg und wischt das winzige Sicherheitsgefühl fort, das du dir zum Trost im Zimmer zurechtgelegt hattest. 
Aber weißt du, was das besser kann als der Krieg?
Hunger.

Ich fragte mich immer wieder: Hat das Schreiben noch einen Sinn? Was nützt es, Sätze zu stapeln, wenn sich Leichen unter den Trümmern anhäufen? Was bedeutet es, über Schönheit und Liebe in einer Welt zu schreiben, die dich aushungert und der dein Schmerz egal ist? 
Doch es gab in mir etwas, das diesem Zusammenbruch widerstand. Ich schrieb, sogar als wir vertrieben wurden, sogar unter dem Donner der Bomben. Ich schrieb über die Kinder, die verschwunden waren, über die Leichentücher, die uns für die Toten fehlten, über die Häuser, die sich in Staub verwandelten. Ich schrieb durch die Erschöpfung hindurch, durch die Trauer, durch die Angst. 
Aber niemals durch den Hunger.
Bis März 2025.

Weiterlesen:

https://www.medico.de/blog/hunger-der-di...e-besiegt-20101


Reset the World!

 
Sirius
Beiträge: 28.358
Registriert am: 02.11.2015


   

21 Gramm
Wie der "Gollum-Effekt" jungen Forschenden schadet

  • Ähnliche Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
Xobor Ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz