Vernetzung

Meine Kaffeemaschine und ich sind ja miteinander vernetzt. Jetzt nicht über W-Lan oder Software, deren Hersteller sich gerne mit mir vernetzen würden, um zu wissen, was ich im Kühlschrank oder Schlafzimmer habe.
Das überlasse ich gerne all den Frommen, die nichts zu verbergen haben, wie es immer so schön heißt. Ich hab ja etwas zu verbergen. Was ich einkaufe, welchen Kaffee ich trinke, was ich esse und mit wem ich schlafe, das geht niemanden etwas an, schon gar nicht irgendwelche Firmen, die meine Daten weitergeben an jeden, der ihnen beliebt.
Ich möchte es nicht, dass meine Person zur Ware wird, und ich nur ein Wegwerfartikel für Geschäftemacher und Überwachungsidioten bin.

Also kaufe ich meine Lebensmittel noch selber und nicht mein Kühlschrank.
Vernetzt bin ich trotzdem mit all meinen Geräten und zwar über unsere Synapsen. Das ist eine besondere Form der Kommunikation, ganz ohne Kabel und funktioniert auch bei Stromausfall.
So führe ich eine Diskussion mit meiner Kaffeemaschine darüber, warum ich drei Tassen Wasser einfülle, aber nur zwei Tassen Kaffee herausbekomme. Oder warum sich der Fernseher selbsttätig ausschaltet, nur weil ich nicht zur Pilcher umschalte, um mir das staatliche Verblödungsprogramm anzusehen. Und warum lädt der Rauchmelder mit seinem Krach die Nachbarn zum Essen ein, nur weil ich Bratwurst brate?

Über diese Dinge muss man doch reden. Und dafür muss man vernetzt sein untereinander.
Und eines muss dabei klar sein: Ich bin der Chef! Auch wenn der Tiefkühler beleidigt ist und mit der Waschmaschine eine Meuterei anfangen will. Die beiden haben was miteinander. Beim Schleudern stellt sie sich selbstständig auf 1200 Umdrehungen ein, auch, wenn ich nur tausend möchte, weil ich sonst ein Schleudertrauma bekomme. Bei 1200 Umdrehungen macht sie sich auf dem Weg zu dem Tiefkühler, der ein Zwischenhändler für die von der Waschmaschine gestohlenen Socken ist. Also überwache ich den Schleudervorgang, indem ich mich auf die Maschine setze, aber sie scheint noch einen geheimen Turbogang und Kontakte zur Rodeo-Szene zu haben. Und die Socken sind trotzdem weg.
Zwei Paar fand ich jetzt nach Monaten in einem Kopfkissenbezug wieder, ein Paar in Grau und Schwarz, eins in Blau und Braun. Seltsamerweise habe ich just davon schon zwei Paare im Schrank, bin aber sicher, mir die nie gekauft zu haben.

So gehen ständig irgendwelche geheimnisvolle Aktionen vor sich und ich befürchte, dass meine Küchen- und sonstigen Geräte möglicherweise eine kriminelle Vergangenheit haben. Man steckt ja nicht drin. Und ich verlange ja kein Führungszeugnis von meinem Toaster. Aber warum ist dann der Toast schwarz, obwohl ich hellste Stufe einstelle? Weil er vernetzt ist mit dem Eierkocher, der ein Vierminutenei erst nach acht Minuten fertig hat.
Und ich kann sie lachen hören, diese ganze krinimelle Bagage, die meine Autorität infrage stellen will.
Aber ich habe es ja so gewollt. Ich will ein harmonisches Miteinander mit allen Gegenständen in meiner Wohnung. So haben wir ein stilles Übereinkommen, dass die meisten Dinge herunterfallen, wenn ich sie in die Hand nehmen will, ob es nun ein Eierlöffel, die Milchtüte oder die Mikrowelle ist. So fällt die Fernbedienung noch vor dem Einschalten des Fernsehers aus der Hand, direkt auf die umfallende Kaffeetasse, die rollt sich wohlig über die Armbanduhr, der Kaffee über den Handyakku, die Tischdecke schreit: „Mehr Koffein!“ und der Teppich: „Für mich auch!“
So geht alles Hand in Hand und wir haben alle großen Spaß miteinander.
Nun, Spaß ist vielleicht, was mich jetzt betrifft, etwas zuviel gesagt, aber dafür hab ich auch das Sagen.
Glaub ich.

Sirius

Ich staune, wie toll du vernetzt bist, Sirius, und in welcher Eintracht du mit den Dingen lebst, die dich umgeben.

Die extra Tasse Wasser für die Kaffeemaschine, geht sicher auf den Ritus zurück, den meine Oma bei der Kaffeezubereitung zelebrierte:

"Eins, zwei, drei, vier, fünf und einen für die Kanne.", so zählte Oma das Kaffeemehl ab. Das Schlückchen Wasser, das sich deine Maschine gönnt, ist da allemal preiswerter.

Dass ich mich beim Lesen deiner Zeilen köstlich amüsiert habe, muss ich nicht extra erwähnen, oder?

Liebe Lottegrüße

Doch, Lotte, das kannst du ruhig extra erwähnen!
Dankeschön!

Sirius

Ach das ist ja goldig, Sirius. Das muss ich auf Lesezeichen setzen.
Stell dir vor, ich hatte heute in meiner Schreib AG eine lustige Aufgabe für die Mädels.
Jede sollte sich einen Haushaltsgegenstand überlegen und diesen dann kurz beschreiben
und dann sollte sie sich dazu überlegen, was dieser Gegenstand noch alles so können sollte.
Da sind viele tolle Sachen rausgekommen. Fast so toll wie deine.

Liebe Grüße

Leo

Das war eine tolle Idee von dir, Leo! Das regt ja auch die Phantasie und die Kreativität an.
Wär doch toll, wenn die Kaffeemaschine auch Tee kochen könnte und der Bananenschäler auch Kartoffeln schälen. Und die Eieruhr könnte mir mal die Zeit sagen und nicht nur den Eiern.
Die Nachttischlampe könnte nach dem Vorspiel selbstständig ausgehen, dafür geht dann der Rauchmelder an und die Feuerwehr kommt automatisch mit dem richtigen Schlauch.
Und lustig kann es zudem sein: Einfach mal die Brieftasche in den Müllschlucker werfen oder die Bratpfanne als Grußkarte verwenden, den Kühlschrank zum Heizen benutzen oder den Stecker aus dem Tiefkühler ziehen. Das können auch schon die Kleinen.
Und für die Bastler: Damit die Eier nicht geklaut werden, diese einfach innen an die Kühlschrankwand nageln.
Ich hingegen wäre schon froh, wenn meine Kaffemaschine beim Kochen nicht so unverschämt ordinäre Geräusche machen würde..

Sirius

Fett grins - leider gibt es dafür kein Smilie. Aber ich versichere glaubhaft: Ich könnte Sirius die Finger brechen!

Dankeschön, Karl-Ludwig. Und die Finger brauche ich ja noch ne Weile.