Über die Heide
Über die Heide hallet mein Schritt;
Dumpf aus der Erde wandert es mit.
Herbst ist gekommen, Frühling ist weit –
Gab es denn einmal selige Zeit?
Brauende Nebel geisten umher;
Schwarz ist das Kraut und der Himmel so leer.
Wär ich hier nur nicht gegangen im Mai!
Leben und Liebe – wie flog es vorbei!
Theodor Storm
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Herbst
Astern blühen schon im Garten;
Schwächer trifft der Sonnenpfeil
Blumen, die den Tod erwarten
Durch des Frostes Henkerbeil.
Brauner dunkelt längst die Heide,
Blätter zittern durch die Luft.
Und es liegen Wald und Weide
Unbewegt im blauen Duft.
Pfirsich an der Gartenmauer,
Kranich auf der Winterflucht.
Herbstes Freuden, Herbstes Trauer,
Welke Rosen, reife Frucht.
Detlev von Liliencron
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Verdrossnen Sinn im kalten Herzen hegend,
Reis ich verdrießlich durch die kalte Welt,
Zu Ende geht der Herbst, ein Nebel hält
Feuchteingehüllt die abgestorbne Gegend.
Die Winde pfeifen, hin und her bewegend
Das rote Laub, das von den Bäumen fällt,
Es seufzt der Wald, es dampft das kahle Feld,
Nun kommt das Schlimmste noch, es regent.
Heinrich Heine
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Verfall
Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.
Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.
Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,
Indes wie blasser Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.
Georg Trakl
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Novembertag
Nebel hängt wie Rauch ums Haus,
drängt die Welt nach innen;
ohne Not geht niemand aus;
alles fällt in Sinnen.
Leiser wird die Hand, der Mund,
stiller die Gebärde.
Heimlich, wie auf Meeresgrund,
träumen Mensch und Erde.
Christian Morgenstern
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Sirius, Lotte,
schön, dass ihr hier so tolle Werke einstellt.
Danke, Leo
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Dank an Dich, Leo!
Regen in der Dämmerung
Der wandernde Wind auf den Wegen
War angefüllt mit süßem Laut,
Der dämmernde rieselnde Regen
War mit Verlangen feucht betaut.
Das rinnende rauschende Wasser
Berauschte verwirrend die Stimmen
Der Träume, die blasser und blasser
Im schwebenden Nebel verschwimmen.
Der Wind in den wehenden Weiden,
Am Wasser der wandernde Wind
Berauschte die sehnenden Leiden,
Die in der Dämmerung sind.
Der Weg im dämmernden Wehen,
Er führte zu keinem Ziel,
Doch war er gut zu gehen
Im Regen, der rieselnd fiel.
Hugo von Hofmannsthal
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Refugium
Vorm Fenster wüten die Gewalten
bemüht den Tag zur Nacht zu machen.
Dahinter gilt es zu gestalten,
zu leben, zu lieben, zu lachen.
Die Kanne mit Tee auf dem Stövchen,
ein gut gefülltes Bücherregal,
ein knisternder Holzscheit im Öfchen...
Wundervoll ist es allemal
von drinnen nach draußen zu schauen,
wohl wissend in warmer Geborgenheit,
derweil die Wetter ihr Süppchen brauen,
sie schleift sich ab, die kalte Zeit.
scrabblix
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Das ist eine sehr schöne und gefühlsbetonte Momentaufnahme, liebe Lotte.
Leogrüße
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Das finde ich auch. Ein sehr herbstlich kuscheliges Gedicht, passend zu meiner Stimmung.
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Herzlichen Dank, euch zwei beiden!
Herbst
Rings ein Verstummen, ein Entfärben:
Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln,
Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln;
Ich liebe dieses milde Sterben.
Von hinnen geht die stille Reise,
Die Zeit der Liebe ist verklungen,
Die Vögel haben ausgesungen,
Und dürre Blätter sinken leise.
Die Vögel zogen nach dem Süden,
Aus dem Verfall des Laubes tauchen
Die Nester, die nicht Schutz mehr brauchen,
Die Blätter fallen stets, die müden.
In dieses Waldes leisem Rauschen
Ist mir als hör’ ich Kunde wehen,
daß alles Sterben und Vergehen
Nur heimlich still vergnügtes Tauschen.
Nikolaus Lenau
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Einer Frau
Dass du die Birke beweinst,
Die im November verseufzt,
Dass du den Wind noch beklagts,
Der sie verseufzen macht:
Amseln dein Mitleid schenkst,
Die in der Kälte stehn,
Dich selbst des Wurms noch erbarmst,
Der ihre Nahrung ist:
Wohin will solch ein Herz
Nun, da es Winter wird?
Bleibt es grausam allein
Mir, der es lieben muss?
Eugen Roth
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Herbstanfang
Die Nachtigall in meinem Garten schweigt.
Die Welt wird leer.
Und auch die Geige in der Ferne
Geigt nicht mehr.
Der Sommer flieht.
Mit jedem Tage stiller wird mein Lied.
Und jährlich trüber schleicht der Hebst sich ein,
Und tiefer, tiefer, schneit der Schnee mich ein.
Von Wolken schwer,
Die Stirn sich neigt.
Die Welt wird leer.
Die Nachtigall in meinem Garten schweigt.
[Mascha Kaléko]
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Lotte, Sirius - wunderschöne Gedichte lese ich hier wieder!
Danke!
Jonny
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Herbstabend
Nun gönnt sich das Jahr eine Pause.
Der goldne September entwich.
Geblieben im herbstlichen Hause
Sind nur meine Schwermut und ich.
Verlassen stehn Wiese und Weiher,
Es schimmert kein Segel am See.
Am Himmel nur Wildgans und Geier
Verkünden den kommenden Schnee.
Schon rüttelt der Wind an der Scheune.
Im Dunkel ein Nachtkäuzchen schreit.
Ich sitze alleine beim Weine
Und vertreib mir die Jahreszeit...
Im Gasthaus verlischt eine Kerze.
Verspätet spielt einer Klavier.
- Dem ist auch recht bang ums Herze.
Adagio in Moll - so wie mir.
Der Abend ist voller Gespenster,
Es poltert und knackt im Kamin.
Ich schließe die Läden am Fenster
Und nehme die Schlafmedizin.
Mascha Kaléko
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