Die „Meistersinger“ und die „Minnesänger“
Metaphern zuhauf im Wortausverkauf:
Zu Sträußen gebunden, in Klumpen gefunden
Auf Wiesen gebrochen, wie Spinat gestochen
Zu Liedern gewunden in fleißigen Stunden
Aus Beeren gerissen, in Säle geschmissen.
Vom Himmel gelogen, zur Erde gebogen
Vom Geiste geadelt, ins Blaue gestapelt
Zur Kunst stilisiert, von niemand kapiert
Die Wahrhet versiegelt, den Affen gespiegelt
Verklemmt und verschlüsselt, von Hunden beschnüffelt.
Wie Piepmatz gehalten zur Freude der Alten
Mit Zucker gefüttert, vom Käfig vergittert
Den Burgherrn besungen, mit Blasebalglungen
Das Antlitz errötet,den Fräuleins geflötet
Kastriert und gerupft die Harfe gezupft.
Dieter Mucke
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verlust des märchens
es war einmal
und es wird nichts werden
schneewittchen
hat die zwerge vertauscht
mit den sieben raben
als die schönste im land
wird sie begraben
und was wird aus den raben?
Schneewittchen
und die sieben raben
werden nichts mehr haben
selbst wenn du und ich
unsere sonden besteigen
und in das märchenland fahren -
wir haben schon früh
unsere hexen verbrannt
die sieben geißlein verzerrt
und jorinde und joringel
in den rapunzelsalat gebannt
wir haben unsre herzen verkehrt
an die häuser gehängt -
wir werden nichts mehr haben
es war einmal
und es wird nichts werden
schneewittchen
hat die zwerge verbannt
hinter den sieben bergen
D.P. Meier-Lenz
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Still, mein Hanne
Still, mein Hanne, hör mi to!
Lüttje Müse piept in ´t Stroh,
lüttje Vageln slapt in ´n Boom,
röhrt de Flünk un piept in ´n Droom.
Still, mein Hanne, hör mi an!
Buten geiht de böse Mann.
Baben geiht de stille Man´:
„Kind, wull hett dat Schriegen dan?“
Över ´n Boom so still un blank,
över´t Hus an´n Heben lank,
un wo he frame Kinner süht,
kieck mal an, wat lacht he blied:
Denn seggt he to de böse Mann,
se wüllt en beten wieder gahn:
denn gaht se beid, denn staht se beid
över´t Moor un över de Heid.
Still, mien Hanne, slap mal rar!
Morgen is he wedder dar!
Rein so geel, rein so blank,
över´n Boom an`n Himmel lank.
All in´t Gras de geelen Bloom´n!
Vageln piept in`n Appelboom;
still un mak de Oogen to,
lüttje Müse piept in´n Stroh.
Klaus Groth
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Fachberater Günthers Lusttraum
Türen schlagen, Winde huschen
durchs Büro und sehn
ihn vor ihr in Lammfellpuschen
auf die Knie gehen.
Lippen lausrot. Gelb ihr Schopf.
Kaktusgrün die Hose.
Kachelblau der Blusenknopf.
Ah, wie pink die Rose
leuchtet weit in ihrem Hair!
Silbern glänzt die Jacke.
Mantel voll aus orange wear.
Golden Shoes! Wie kacke
diese Brille: sieben Graus!
Bügel grün dahinter.
„Ziehen Sie sich sofort aus!“
„Wie bitte?! - Herr Günther!“
Thomas Gsella
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Könnten Bienen fliegen
Könnten Bienen fliegen
herrschte Pracht in jedem Garten
doch sie fahren Bahn und kriegen
Streit am Fahrscheinautomaten.
Könnten Pferde galoppieren
gäb es Sport und Spiel und Fete
doch sie räkeln sich im Rollstuhl
und rauchen Selbstgedrehte
Könnten Herzen schlagen
zerspräng die Welt in tausend Stücke
Sie sprechen nicht und manche springen
still von einer S-Bahn-Brücke
Könnten Bienen fliegen
flögen sie zur Himmelsmitten
Der Himmel ginge auf und Gott
würde um Verzeihung bitten.
Max Goldt
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Komm, sage mir, was du für Sorgen hast
Es zwitschert eine Lerche im Kamin,
Wenn du sie hörst.
Ein jeder Schutzmann in Berlin
Verhaftet dich, wenn du ihn störst.
Im Faltenwurfe einer Decke
Klagt ein Gesicht.
Wenn du es siehst.
Der Posten im Gefängnis schießt,
Wenn du als kleiner Sträfling ihm entfliehst,
Ich tät es nicht.
In eines Holzes Duft
Lebt fernes Land.
Gebirge schreiten durch die blaue Luft,
Ein Windhauch streicht wie Mutter deine Hand,
Und eine Speise schmeckt nach Kindersand.
Die Erde hat ein freundliches Gesicht,
So groß, dass man´s von weitem nur erfasst.
Komm, sage mir, was du für Sorgen hast.
Reich willst du werden? - Warum bist du´s nicht?
Joachim Ringelnatz
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Schönen Gruß
Draußen hängt die Welt in Fetzen,
vieles ist im Bach.
Lass uns an den Tresen setzen,
halt den Ball mal flach.
Erzähl mir nichts vom Sternenzelt,
das draußen Wache hält.
Das ist doch alles Weltraumschrott,
der bald vom Himmel fällt.
Nimm noch einen Lungenzug,
der Mief hat es verdient,
dass es Deinen weichen Kern
ml von innen sieht.
Ich mach nur was ich kann.
Ich mach weiter.
Ich ge nur voran.
Ich geh weiter.
Auf der Kriechspur,
in der Schleife,
auf den Knien und zu Fuß,
schönen Gruß,
mein Schuh hat nen Loch..
Fritz Eckenga
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Zwischeneiszeit
Meteorologen verkünden: die Pole
erwärmen sich. Dass sie dabei ihre
Hände reiben, weckt leise Zweifel.
Auch der landweite Mangel an Schneebrillen.
Ich betrachte meine blauen Nägel
und sehe: das Eis kommt.
Der Erfahrungsaustausch, brieflich,
mit einem Mammut offenbart
wenig: dicke Haut. Ich
habe auf Sebastian Kneipp gesetzt.
Mehrmals täglich verbringe ich
Viertelstunden im Kühlschrank.
In den Zeitungen lese ich: das Interesse
am Eisbaden wächst. Meinen Freunden
im Norden avisiere ich einen
Aussichtsturm südlich der Erdmoränen.
Die Rückmeldungen bleiben aus.
Wo liegt der Gefrierpunkt für Tinte?
Harald Gerlach
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Wenn Da Es
Wenn ich kein Vöglein wär
Und nicht zwei Flügel hätt,
Wär nicht bei dir;
Säß ich auf eim Baum,
Augen herauszuschaun.
Da ich ein Vöglein bin
Und auch zwei Flüglein hab,
Red ich und schlaf unter dir;
Wenn ich erwachen tu,
Mach ich die Augen zu.
Es vergeht mein Herz in der Nacht,
Da nicht die Stund erwacht
Und du mich vieltausendmal.
Weils aber nicht sein kann,
Träum ich von Vögelein.
Christiane Grosz
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Hannes D. schreibt aus W.
Von mir gibt es
nicht viel zu berichten
und was die Allgemeinheit anbelangt, sieht es
nicht zum besten aus.
Heinrich das Weltgewissen
Ihr erinnert euch
der immer in der Mitropa saß
Nudelsuppe aß, Kaffee trank
und vor sich hinschimpfte
ist vor kurzem gestorben
Was soll nun werden?
Kito Lorenc
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Morgenandacht
Es windet mir ein frischer Ost
ein bläulich Band um meine Nase.
Ein Brief kam mit der Morgenpost
und weht mir Blumen in die Vase.
Das wird fürwahr ein schöner Tag.
Mein Herz erfüllt ein frohes Ahnen
mit Wachtelsang und Finkenschlag.
Am Himmel flattern goldne Fahnen.
Die Lerche schwingt sich zum Zenit.
Der See glänzt morgendlich gerötet.
Vor einem Gänseblümchen kniet
im Gras ein Elefant – und betet.
Fritz Endrikat
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Hanne Stummel
Hanne Stummel sagt kein Wort.
Steht nur da und hier und dort.
Ponyfransen, Sommersprossen,
Schmuddeljeans wie angegossen
Gummimund: sagt manchmal plop!
Von den Jungs wird keiner grob.
Hanne Stummel steht am Eck.
Von den Jungs geht keiner weg.
Paul fährt Fahrrad ohne Hände.
Fred malt Hanne auf die Wände.
Richard singt das neuste Lied.
Pit bringt eine Limo mit.
Hanne Stummel, wunderschön.
Jeder möchte mit ihr gehen.
Doch ihr Arm sagt jedenfalls:
aus dem Wege, Jungs, sonst knallts.
Aber mit dem Pesch Erwin
sitzt sie in der Eisbar drin.
Peter Mailwald
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Wie man eine Kuh erkennt
Wenn Flecken über Grünes wandern,
So sieht das Auge meistens Kühe.
Die unterscheidet man von andern
Geschöpfen ohne große Mühe.
Die Milch hängt bauschseits, hinten eher,
Den Kopf beschwert ein Hörnerpaar.
Dem Bauch entspringen noch vier Steher,
Der Schwanz trägt langes Quantenhaar.
Die Rinder stehen quer zum Hang,
Sonst kugeln sie den Berg hinunter.
Befällt sie plötzlich Darmesdrang,
Dann klatscht die Sache frisch und munter.
Zusammenfassend sehen wir,
Recht leicht erkennt man eine Kuh.
Besonders, wenn das liebe Tier
Nicht Mäh schreit, sondern deutlich Muh.
Ingo Baumgartner
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Das ganz entschiedene Ausweiche-Lied
Feinsliebchen, so verführerisch
im li-
la
Licht des Januar -
ich teil mit dir den Dosenfisch
und Berenikes Haar!
Besprich mir
meine Läus im Pelz,
ich schenk dir silbern Gin.
Der Herr erhälts,
der Herr vergällts
und geußt den Rest dahin.
Da diese Stunde mir verkürzt
mit Zunge,
Hals
und Bein -
Der goldne Bomber steigt
und stürzt
in Laurins Garten ein.
Die Helden liegen auf dem Sprung,
den Zahn gespitzt -
ICH
pfeif mir
mein Verfeinerung!
Und zeig dir, wo der Himmel sitzt.
Peter Rühmkopf
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Oktober
Die Zweigarme
schwenken wildbunte Wimpel,
der Wind
treibt in Flickenhosen Hallo,
die Parkbäume schwanken.
Auch meine Gedanken.
Teufelskreis
des Warums und Wieso:
Grauhaare -
Blätterfall – aus und vorbei -
Liebestrank -
seelenkrank . Gottseidank Abgesang -
Dideldumdei.
Chris Hornbogen
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