Der Einsame
Einsam irr ich durch die Gassen,
durch den Regen, durch die Nacht.
Warum hast du mich verlassen,
warum hast du das gemacht?
Nichts bleibt mir, als mich zu grämen!
Gestern sprang ich in den Bach,
um das Leben mir zu nehmen,
doch der Bach war viel zu flach.
Einsam irr ich durch den Regen,
und ganz feucht ist mein Gesicht
nicht allein des Regens wegen,
nein, davon alleine nicht.
Wo bleibt Tod im schwarzem Kleide?
Wo bleibt Tod und tötet mich?
Oder besser noch: uns beide?
Oder besser: erst mal dich?
Heinz Erhardt
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Trüber Abend
Der Himmel ist verheult und melancholisch.
Nur fern, wo seine faulen Dünste platzen,
Gießt grüner Schein herab. Ganz diabolisch
Gedunsen sind die Häuser, graue Fratzen.
Vergilbte Lichter fangen an zu glänzen.
Mit Frau und Kindern döst ein feister Vater.
Bemalte Weiber üben sich in Tänzen.
Verzerrte Mimen schreiten zum Theater.
Spaßmacher kreischen, böse Menschenkenner:
Der Tag ist tot.. Und übrig bleibt ein Name!
In Mädchenaugen schimmern kräftge Männer.
Zu dem Geliebten sehnt sich eine Dame.
Alfred Lichtenstein
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Theobald Taube
Wer ist leicht, fliegt hoch zur Gaube?
Theobald die Turteltaube.
Ist grauweiß. Geschickt im Fluge?
Theobald der Neunmalkluge.
Wer kann mehr als simpel surren?
Theobald, im Meistergurren.
Wer schlägt jeden Postzusteller?
Theobald, präzis und schneller.
Wer brilliert eigen im Kopfe?
Theobald, knapp überm Kropfe.
Hubertus A. Janssen
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Wie der humanistisch gesonnene Kulturästhet
seine schlechte Laune bekämpft
Ich wache auf mit derart böser Lau
ne, dass ich gleich irgendeinem in die Fresse hau
e und ihm die blöden Knochen breche
und ihm ein Schmerzensgeld dafür nicht bleche,
der widerlichen Sau!
Sondern ihm noch eins in die Eier zwie
ble, dass er vom Stuhl fliegt auf die Die
le und ihm sein arrogantes Grinsen
vergeht und wirklich keiner mehr noch hinsehn
will auf das dumme Vieh!
Wenn ich ihm dann in die Visage pin
kle und ihm beim höchst mühsamen Weghinken zuwin
ke und langsam gute Laune kriege
weil mir das gut tut, wenn ich wen besiege
ist klar: Der Tag haut hin!
Es ist der Humanist, ja der Ästhet
der weiß, was gute Laune ist und wie es geht.
Wiglaf Droste
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Notiz eines immer
gerngesehenen Besuchers
Die Kerze längst kurz,
Im Bauch eine Lauge
aus Wein, Bier und Eier-
likör. Es war nett!
Ein mächtiger Furz.
Ich öffne ein Auge
und kotz wie ein Reiher
ins Gästebett
Thomas Gsella
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Die schlimmen Eheleut
Abraham a Sancta Clara
Nicht also kürren und schorren die Ratzen,
nicht also schreien und gmauzen die Katzen,
nicht also pfeifen und zischen die Schlangen,
nicht also rauschen und prasseln die Flammen,
nicht also scheppern und kleppern die Rötschen,
nicht also plurren und schnurren die Prötschen,
nicht also wüten und heulen die Hund,
nicht also brüllet der Löwen ihr Schlund,
nicht also hauset und brauset das Meer,
nicht also stürmet ein kriegrisches Heer,
Nicht also reißet und tobet der Wind,
nicht also jammert ein schreiendes Kind:
wie zwei wankende, zankende, reißende, beißende,
weinende, greinende, mockende, bockende,
trutzige, schmutzige Eheleut.
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mailto:megryan@hollywood.usa
mit tinte so blau wie ich selber
hab ich dir briefe geschrieben
sie kamne postwendend retour
und sind ungeöffnet geblieben
mit filzstift so rot wie dein zahnfleisch
schrieb ich dir karten aus dortmund
will ich von dir eine ansicht
schalte ich aufs standbild mit schmollmund
mit edding so fett wie tom hanks
sülze ich liebesgedichte
aufs thermopapier meiner faxe
die machte dein reißwolf zunichte
this is the end meggy baby
not happy for me but for you
geh einfach drauf mit der maus
click „cancel“ und tschüß blöde kuh
www.eckenga.de
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Umgang mit Tieren
Im Blick des HASELHUHNS steckt stets
was Fragendes, ein „Na, wie geht’s?“
Siehst du es, Mensch, zieh deinen Hut
und sag etwas. Zum Beispiel „Gut“.
Wenn dich ein HABICHT hasserfüllt
mit „Ha, nun hab ich dich“ anbrüllt,
verwehre ihm mit leisem Lachen,
sich derart zu Gespött zu machen.
O Mensch, wenn du ein PFERD dein eigen,
versäum es nicht, auch draufzusteigen.
Tust du es nicht, vermeint die Mähre,
dass sie schon aus dem Schneider wäre.
Robert Gernhardt
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Was tut man, wenn das Kind
einen Radiergummi verschluckt hat?
Beim ersten hastet man sofort
zur Notfallambulanz im Ort.
Beim zweiten wartet man den Tag
Mal ab, was so im Töpfchen lag.
Beim dritten sagt man „So, mein Held,
Den zieh ich ab vom Taschengeld!“
Marco Tschirpke
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Ein kluger Mann baut vor
Um elf Uhr zehn europäischer Zeit
erwog Herr H. Die Möglichkeit
zurück zu seiner Bank zu gehen
und von dem Vertrage abzusehn
den eben er geschlossen hatte
im Zuge der laufenden Rentendebatte.
Sein Geld im Herzen die Rente im Sinn
lief H. Wo er herkam nun wieder hin:
im Laufschritt erwägend – ein jeder kennts -
das Angebotsspektrum der Konkurrenz.
Nicht links nicht rechts sah er, nur stur
in sich hinein – da überfuhr
Herrn. H. ein Bus: Ganz leis, dezent
ward ihm sein Kopf schnell abgetrennt..
So erlag die Möglich- der Wirklichkeit
um elf Uhr elf europäischer Zeit.
Annekatrin Goll
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An die Klopapierrolle
Da dir Gesang nicht gegeben und deine bedeutende Rolle
häufig verschwiegen wird, sing ich, Bescheidne, dich nun.
Täglich wird an dir gerissen, stückweise spült dich, und rauschend,
zu den Schatten hinab Acheron unter die Stadt.
Aber die Stunden des Menschen, der dich erdacht hat, Hygienische,
rollen, wie du dich, sich ab; siehe, er krallt seine Hand
dir ins Papier, als gelte es, eine Schlacht zu gewinnen
in dieser Stellung! Und blickt finsteren Auges dich an,
hat auf den Lippen kein Liedlein, ist mit Elise zerstritten -
Trost wird ihm niemals, doch du reinigst, ich singe dich, ihn.
Thomas Rosenlöcher
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Der alte und der junge Dichter
Betritt der alte Dichter den Raum,
hat der junge Dichter den Traum:
So zu werden wie der!
So alt und berühmt wie er!
Liest der junge Dichter im Blatt,
dass der alte uns verlassen hat.
Neidet er ihm sein End,
weil ihn nun alle Welt nennt.
Liegt der alte Dichter im Grab,
denkt der junge Dichter: Nun hab
ich den alten vom Hals.
Merkt er bald: keinesfalls.
Tote Dichter sind schlimm.
Je toter, desto besser bei Stimm.
Wünscht sich der lebende, er
wär bald so tot wie der.
Robert Gernhardt
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Entscheidung
Ich könnte aus dem Leben gehen,
vielleicht mit einer Kugel
oder mit ´nem schnellen Satz
in einen Meeresstrudel.
Ersticken könnt ich mich mit Gas,
im abgeschlossnen Raum.
Zur Not reicht auch der PKW,
zerschellt mit mir am Baum.
Gift wär eine Variante,
beziehungsweise Aderschnitt.
Infrage käme Intercity,
vom Bahndamm nur ein kleiner Schritt.
Klassisch wäre wohl die Schlinge,
moderner schon der goldne Schuss.
Es täte aber auch der Sprung,
Brücke abwärts in den Fluss.
Tja, mein Schatz,da staunst du wohl,
da kuckst du reichlich dumm.
Es liegt an dir, zisch einfach ab,
denn wenn du bleibst, bring ich mich um.
Fritz Eckenga
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Bäume
Bäume gibt es hierzulande
meist in Wäldern, kaum am Strande,
Strandkorbbadegäste bräunen
nämlich ungern unter Bäumen.
Allen Wälderein dagegen
kommen Bäume sehr gelegen,
denn man bleibt dem Walde fern,
wenn drinnen keine Bäume wärn.
Die Logik also ist nicht schwer:
Wälder brauchen Bäume sehr.
Wer allerdings den Wald nicht sieht
vor lauter Bäumen, des´Gemüt
ist sicher etwas durcheinand´,
vielleicht hilft urlauben am Strand.
Friedrich Linnemann
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So nette Fünfe
Anette hab ich ungefragt genommen,
sie schien, so schien es, davon sehr erbaut,
ich fand mich anfangs richtiggehnd verkommen,
doch sie war anscheins ebenso versaut
wie Gudrun, die ich kurz danach bespulte,
und die, wie die Anett, sich nicht beschwerte,
die nämlich war danach die gute Ute,
das antraglose Nehmen sehr begehrte.
Wie folgend auch die Vierte namens Birthe,
ganz gerne ganz entspannt die Gabe nahm,
nicht sperrte sich, nicht nörgelte, nicht zierte,
bei Babs fand ich die Nummer schon normal.
Kein Zicken, Zagen, Zögern und kein Winden.
So nette Fünfe muss man erstmal finden.
Fritz Ecknga
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