Bonjour, Cherie…….
Ich gehörte damals zu den ersten Mitarbeitern des deutschen Brückenkopfes der Firma Air-Bus in Toulouse.
Und damals hatten wir uns gefälligst selbst um geeigneten Wohnraum zu kümmern. Im Gegenteil zu heute, wo die Adresse bereits vor der Entsendung feststeht.
Was letztendlich damals so schlecht nun auch wieder nicht war. Mir wären zum Beispiel viele Bekanntschaften vorenthalten geblieben, so auch die des drolligen kleinen Monsieur Pouysegur.
Auf der Suche nach einer Wohnung, war ich in der Rue Bellegarde, unmittelbar am Place Sernin, fündig geworden. Sie lag im ersten Stock, besaß den verlotterten Charme einer lange vergangenen Epoche, erfüllte aber die wichtigsten zwei Voraussetzungen: die Miete entsprach meinen finanziellen Möglichkeiten und die Wohnung lag zentral.
Wenn man das Treppenhaus betrat, wähnte man sich im Dschungel, was an der Tapete lag, die riesige rote, gelbe und grüne Palmen darstellte, deren Wirkung durch das diffuse Licht einer 25-Watt-Glühbirne noch erheblich verstärkt wurde.
Zwei Tage nach meinem Einzug lernte ich ihn kennen und das Procedere blieb konstant das gleiche.
Auf dem Wege zur Arbeit, kam mir auf halber Etage ein kleiner pausbäckiger und rotgesichtiger Mann entgegen, der in der rechten Hand ein Blumensträußchen hielt und in großer Eile zu sein schien. Meine Bekanntmachung nahm er nervös zur Kenntnis, er wäre Monsieur Pouysegur aus dem 2. Stock, könne sich aber leider nicht länger aufhalten, da er seine schwerkranke bettlägerige Frau zu versorgen habe. Damit eilte er nach oben, und ich hörte nach dem Aufschließen noch seine Worte:
„ Bonjour, Cherie, ich bin´s, dein Alphonse……“
Wie gesagt, das Procedere blieb gleich. So oft ich ihn traf, er war immer in Eile, auf dem Weg zu seiner kranken Frau im 2. Stock und er trug immer ein kleines Blumensträußchen in der Hand und nach dem Aufschließen folgte immer das freundliche:
„ Bonjour, Cherie, ich bin´s, dein Alphonse…..“
Eines Tages, besser gesagt eines Sonntages, wurde ich bei der Lektüre der Zeitung durch Wassertropfen gestört. Wassertropfen, die aus heiterem Himmel von der Decke fielen. Verdammt, ein Rohrbruch bei Monsieur Pouysegur, durchfuhr es mich.
Im nächsten Augenblick stand ich vor seiner Tür, klingelte, klopfte, aber niemand öffnete.
Also bemühte ich Monsieur Cazeneuf, unseren Concierge. Der schnappte sich sein Schlüsselbund, stapfte hinter mir nach oben in den 2. Stock und öffnete die Tür. Er kannte sich natürlich aus und hatte in kürzester Zeit den Haupthahn in der Küche abgestellt.
Währenddessen rief ich den Korridor entlang:
„ Bitte beunruhigen Sie sich nicht, Madame Pouysegur, es ist lediglich ein kleines Malheur mit dem Wasser, aber Monsieur Cazeneuf hat den Schaden schon behoben!“
„ Mit wem reden Sie?“ fragte der Concierge erstaunt. „ Na mit Madame Pouysegur !“
„ Madame Pouyseguir!“ meinte er abschätzig. Dann riss er die Tür des Wohnzimmers auf, zeigte hinein und sagte: „ Da haben Sie Ihre Madame Pouysegur !“
Überall an den Wänden des Zimmers hingen Fotos einer wirklich hübschen Frau, und auf jeder nur möglichen Ablage standen kleine Blumensträuße.
„Vor gut zwölf Jahren hat sie ihn verlassen, seine schöne Janine. Sie ist mit einem Jüngeren abgehauen, nach Paris. Und seitdem spielt er die Komödie von seiner kranken Madame Pouysegur, der arme Alte. Aber behalten Sie die Geschichte für sich. Er denkt nämlich, wir glauben das, und wir spielen ja auch mit, die ganze Hausgemeinschaft“.
Fortan gab es einen Mitspieler mehr, und noch heute, längst wieder zurück in Deutschland, sehe ich manchmal Monsieur Pouysegur mit seinem Blumensträußchen und höre sein freundliches:
„ Bonjour, Cherie, ich bin´s, dein Alphonse…….“
Was kostet die Welt - Ich nehm zwei.
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Bonjour, Babs!
Na da bist du ja wieder! Und hast eine zu Herzen gehende Geschichte mitgebracht.
Ja, so einfach man kann Menschen das Gefühl geben, dass sie nach außen glücklicher scheinen, als sie sind...
Hab ich gern gelesen.
Liebe Grüße
Jonny
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Ja, genau. Freu! Wo warst Du denn so lange weg gewest?
Die Geschichte selber? Anders als sonst. Warm und nicht so zynisch.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Hi Jonny, Klsa
Danke fürs Lesen. War ein Ausrutscher. Jetzt kommt wieder Zynisches.
Meine Auszeit war der idiotischen Idee meines Mannes geschuldet, dass er mit seinen 81 Jahren unter Segeln Kap Horn umrunden wollte. Wohlgemerkt, der hat vom Segeln keine Ahnung, geschweige denn einen Segelschein. In Sete kaufte er einen Katamaran und segelte mit Randolph, einem befreundeten Engländer ( 83 Jahre ) los. Randolph sagte, er hätte alle Schifffahrtspatente ( ich betone, er sagte ) und Kap Horn hat er schon ein paar Mal umsegelt.
Von Sete aus wollten sie an Gibraltar vorbei nach den Kanaren und von dort aus zu den Kap Verden. Ich sollte vorfliegen nach Praia um dann dort an Bord zu gehen. Dann war als nächster Stopp Stanley auf den Falklands vorgesehen und von da aus wäre es ein Kinderspiel bis Kap Horn.
Nach 4 Tagen rief mein Mann an, sie wären durch einen Navigationsfehler Randolphs in Sardinien gelandet. Der Kat besaß überhaupt kein GPS, aber Randolph hatte ja einen Sextanten und einen Kompass beigesteuert, diese Geräte konnte er garantiert nicht bedienen.
Mir war klar, dass das ganze Vorhaben zum Scheitern verurteilt war.
Ich setzte Himmel und Hölle in Bewegung, meinen Mann von einer Weiterfahrt abzuhalten.
Umsonst, als ich mit dem Flieger in Gagliari landete und ein paar Stunden später Alghero erreichte, war die Rentner-Band schon wieder auf See.
Kurzum, Gibraltar wurde von den Beiden nie gesehen, geschweige denn Kap Horn.
Dafür wurde der manövrierunfähige Kat vor Zakinthos von der griechischen Küstenwache geborgen. Wie sie dahin gekommen sind, keine Ahnung. Ich nehme an, Zufall.
Jedenfalls haben wir uns dann ein paar Wochen in Griechenland erholt, Randolph immer an den Hacken.
Dann ging es zurück ins Armangac, wo wir auch Randolph wieder bei seiner Tochter ablieferten.
Mittlerweile hat sich alles wieder normalisiert, sodass ich auch wieder Muße habe, im Forum tätig zu werden.
Babsi
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