Er sah aus wie der Marlboro Mann, damals vor 40 Jahren, und hatte mir mal eine Freundin ausgespannt. Plötzlich waren die Zwei verschwunden gewesen und ich fand sie, wie in einem schlechten Roman, knutschend in einer dunklen Ecke vom ‚Odeon’.
Das Odeon war ein selbstverwalteter Treffpunkt, ein ehemaliges Kino, bei Bielefeld. Damals, in den 1970’er Jahren gab es solche autonomen, leicht subversiven Orte in fast jeder Stadt. (… und im Vorraum riecht es süßlich, jeder der vorbei kommt schnuppert genüsslich) Alleine in Bielefeld gab es zwei besetzte Häuser, die Anarchokneipe ‚Johanneslust’, Teestuben für Grasskauf und das Arbeiterjugendzentrum, kurz AJZ, argwöhnisch bepeilt vom Verfassungsschutz.
Nein, es gab keine Schlägerei, - er war nämlich stärker als ich, was ich zum Anlass nahm, mich wie ein zivilisierter Mensch zu benehmen. Aber ich war schon ein wenig betroffen…
Wir setzten uns an den Tresen und tranken erst mal ein Bier. Das wäre kein Strohfeuer, erfuhr ich bei der Gelegenheit. Das würde sich schon seit Wochen entwickeln, was ich aber in meinem Breitkopp überhaupt nicht mitgeschnitten hätte.
Gegen Liebe kann man nichts machen. Tom und ich vereinbarten Wohnungstausch. Sollte ich ihm vorwerfen, sich in meine Kleine verliebt zu haben? Ist doch ein Kompliment, oder? So etwas Ähnliches ist selbst mir schon öfters passiert und da war mir mein Schwanz auch näher als irgendein Kumpel.
Tom war ein verdammt lieber Kerl. Weil sein Nachnahme Bohla lautete, wurde mal als erster Preis bei einer Tombola im AJZ ‚Eine Nacht Mit Tom Bohla’ ausgelobt. Ich meine, seinen Eltern muss doch aufgefallen sein, dass Tom in Kombination mit dem Nachnamen eine witzige Assoziation ergibt. (Wir waren so geil, hatten vergessen zu verhüten und es einfach darauf ankommen lassen) Omen est Nomen? Nun ja, ich kenne ein Mädchen, das Nunja heißt. Tja. Das nimmt sie ihren Eltern immer noch übel.
Die beiden Liebenden hatten ihre kleine gemeinsame Weile. Nach nur einem Jahr allerdings ging Tom mit Elke Sommer auf Tournee. Als Betthupferl nach der Bühnenarbeit. Ein Toy Boy! Elke Sommer war damals immer noch eine begehrenswerte Frau. Die Zeitungen beschrieben Elkes Liebhaber als ‚scheu’.
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Renate war kein bisschen eifersüchtig und gekränkt, das betonte sie jedenfalls wiederholt mit Vehemenz mir gegenüber, bis ich es nicht mehr glauben konnte.
Tom Bohla, mein Freund aus alten Tagen, wo magst Du nun sein? Und was macht Renate?
Leider habe ich feststellen müssen, dass nostalgisch verbrämtes Aufwärmen ganz dolle doof ist. Und zwar, als ich an die Orte zurückkehrte, welche mir mal etwas bedeuteten: Sie bedeuteten mir nichts mehr. Die Menschen aus meiner Vergangenheit, wichtige Zugaben in meiner Geschichte, sind mir auch fremd geworden. Ich finde es eher traurig, was die Zeit aus meinen Freunden gemacht hat und kein bisschen amüsant. Wir waren einst die, vor denen uns unsere Eltern gewarnt hatten – nun sind wir genau so geworden wie diese. Kleine Leben ohne Schmackes. Desillusioniert. Opportun. Fokus auf die eigene Gesundheit, bzw. auf die zunehmende Anzahl von Zipperlein.
Klüger? Das behaupten bloß die dummen Alten. Ich jedenfalls fand es schöner, als noch alle Fehler vor mir lagen, denn hinter mir.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Ich lese dich gerne, Karl- Ludwig!
Ein bisschen sentimental könnte man schon werden, wenn man so die Vergangenheit (ob die eigene oder die von anderen) betrachtet.
Aber komm schon, ein paar "Fehler" sind noch drin! Viel Erfolg! By the way...wie gehts eigentlich der hübschen jungen Praktikantin.... ?
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Die umwerfend hübsche und unverletzte Praktikantin (in Wirklichkeit macht sie eine verkürzte Gesellin) hat mich gestern besucht, um mir eine niedliche kleine Pfeife aus Glas zu schenken „Von meiner Schwester“, damit ich nicht immer Papprohrkawumm rauche, das wäre nämlich ungesund.
Vermutlich würde sie mir auch in der Straßenbahn ihren Sitzplatz anbieten.
Wenn ich dürfte, wie ich könnte, wenn ich wollte,
irgendwie ist das nicht fair,
ach her-je, echt, doch ich sollte
nicht verlangen nach noch mehr:
Ein Stück Pfeife ist genug!
Der Rest löst sich in Wohlgeruch
auf.
Schnauf!
Das macht froh.
So!
Und dann pfeife ich einen Hit von Gary Puckett aus den 60'er Jahren: Young girl, get out of my mind.
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Das liest sich wieder sehr gut, Karl-Ludwig - und entlockt so manchen Seufzer...
Eine schöne, wenn auch etwas traurige Erinnerung hast du hier aufleben lassen.
Mir gefallen solche Rückblicke!
Jonny
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