Das Schattenreich erstrahlt im Licht ungezählter Stroboskoplampen. Dadurch gewinnt ein Beobachter den Eindruck von ruckelnden Bewegungen, ähnlich den Stop-Motion-Animationinen in einem alten King-Kong Film.

Die Bewegungen selber sind äußerst geschmacklos: Alle Dämonen, Teufel, Sukkubusse, bösen Geister und diverse andere Scheusale feiern hemmungslos, grölen, saufen und tanzen, wenn man die obszönen Bewegungen einer geschlossenen Ecossaise ohne Schottenrock als Tanz durchgehen lässt – stellt Euch eine Polonaise vor, nur schlimmer, wo sich die Teilnehmer nicht an die Schultern fassen, sondern an anderer Stelle … äh … Introkontakt herstellen – und das im Kreis. Nein, stellt es Euch besser nicht vor. Gebietet Einhalt!

„Was soll das? Selbst die verdammten Seelen werden hier plötzlich mit Rhabarberbowle bedacht. Sogar mit Eiswürfeln drin. Ihr sollt doch mit bösartigen Intentionen an teuflischen Plänen arbeiten, Priester verführen, euch in Pudels verstecken, mit Dreizack hantieren …“

„Ham wir schon!“ Die kichernden Dinge in der Kerkermagnitude steigern ihr Gehopse, was von der Topologie und Bewegungslogistik her irgendwie beeindruckt. „Wir haben gewonnen!“

Der Höllenfürst persönlich stöpselt sich ab und kommt erläuternd näher: „Na-ja, bislang ist es nicht ganz offiziell! Es gibt da tatsächlich noch einige Engel, welche die Hoffnung nicht aufgegeben haben, aber die Apokalypse ist so gut wie entschieden.“

„Quatsch! Der Engel Anzahl geht in die Myriaden und der Alte selber hat auch noch ein Wörtchen mitzureden. Euer Sieg ist noch lange nicht beschlossene Sache.“

„Oh doch! Per Internet. Ihr dummen Menschen habt in eurer Euphorie übersehen, welch mächtige Waffe es doch darstellt. Und Waffen neigen nun mal dazu, irgendwann zum Einsatz zu kommen. Wir infizieren seit geraumer Zeit recht wirkungsvoll alle Menschen elektronisch mit unserem Hass auf alles Gute, das zu zerstören uns der Alte wohl aufgetragen hat – einschließlich ihn selber. Bald ist Gott auch tot. Und dann ...“

„Ja?“

„... werden wir nicht mehr weiter wissen. Wir können doch nur kaputt kloppen, lügen, verführen, um Seelen schachern. Wenn alles im Arsch ist, haben wir vermutlich gar keine Daseinsberechtigung mehr.“

„Ja, das Böse trägt den Keim des eigenen Unterganges in sich. Mein Beileid. Aber, jetzt mal ehrlich, wäre es dann nicht klüger, etwas zurück zu schrauben?“

„Meinst du?“

„Meinich!“

„Hm.“

„Genau.“

„Zurückhaltung üben? Gegen unsere Natur? Das widerspräche doch unserer Bestimmung.“

„Nein. Eigentlich nicht. Denk mal nach, auch wenn's weh tun sollte. Was hat man denn von einem toten Gegner. Der weiß doch gar nicht, dass er verloren hat. Das befriedigt doch nur kurzfristig. Nein. Der Gegner soll mit abgerissenen Ohr und einigen Quadratzentimetern weniger Haut davon kriechen! Das macht Laune und vielleicht gibt es nach der Reparatur ja auch einen neuen Kampf mit sicherem Sieg.“

„Daran habe ich überhaupt nicht gedacht.“

„Ich glaube, du unterschätzt den Alten. Pläne innerhalb von Plänen und so. Seine Unerklärbarkeit ist … nun ja … halt unerklärbar. Und dann wäre noch seine Dreigeklappbarkeit: Schemen und Junior. Die mischen auch noch mit – hoffe ich“

Und so kommt es, dass die letzte Schlacht zwischen Gut und Böse verschoben wird. Aber die vorletzte Schlacht ist ja auch nicht schlecht.

Die Bowle wird den armen Seelen wieder weggenommen, die Kessel an Ort und Stelle gebracht und die Pornoaiseteilnehmer schüren enthusiastisch die Flammen, dieweil die Verdammten hingebungsvoll klagen und jammern.

Und alles ist wieder gut. Selbst das Schlechte.

Du machst mir Mut, lieber Karl-Ludwig...