Ein Glied von Schillers Locke

Und drinnen waltet die putzsüchtige Hausfrau:
Sie füttert im Stalle die hochfrüchtige Haussau,
die Mutter der Vierpfünder,
mit Futter für vier Münder,
und lebet weise
und webet leise
und lehret die Mädchen
und mehret die Lädchen
und strickelt und webet
und wickelt und strebet,
Gewinne zu mehren,
der Minne zu wehren,
und müht sich ohn End, mit Fleiße zu sticken,
die Strümpfe zu stopfen, die Steiße zu flicken,
und füllet mit Schätzen und hehren Laken
die Schreine, die Truhen, die leeren Haken
und spinnet zum Faden die schimmernde Wolle
und findet zum Spaten die wimmernde Scholle
und nutzet die Kräfte und ganze Glut
und zeigt sich im festlichen Glanze gut –
trotz scheußlichem Harm –
mit häuslichem Charme!

Sita Steen

Den Titel finde ich seltsam. Müsste der nicht: "Eine Locke von Schillers Glied" heißen?

Der Witz beim Titel beruht darauf, dass nur das "G" von "Glocke" gestohlen und dem "Lied" vorgesetzt wurde.
Aber deine Version ist auch sehr schön.

Sirius

Lied

In dem Grase war ein Tier
es saß dort, ich stand hier.
Ich ging langsam darauf zu
fragte es: „Wer bist dann du?
Bist du bräunlich
oder rot?
Bist lebendig
oder tot?
Bist ein Teufel
oder Gott?
Oder bist du ein Hase?

Robert Gernhardt

Grimm & Co

Der Märchenriese
unter weißen und grünen Kollegen,
heute sehnt er sich
nach dem tapferen Schneiderlein,
die Fee flucht leise
bei der dritten Ampel auf Rot,
irgendwo wartet jemand auf seine
Verwandlung.

Hänsel und Gretel lesen
Diätrezepte im zentralbeheizten
Zweizimmerkäfig, sonntags
besuche sie die Hexe
im Altenheim.

Einen Schönheitssalon führt
Schneewittchen, und die Zwerge verkaufen sich:
stets lustige Arbeiter für Vorgärten.

Nur die kluge Else ist immer noch
unterwegs
und spricht zu sich selbst:
bin ichs oder bin ichs nicht?


Heinz Kattner