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RE: Etwas für Splatterliebhaber

#1 von Karl Ludwig , 25.01.2016 09:07

So. Das ist die letzte Geschichte, welche ich (rudimentär) noch im Internet wiederfand.

Sie sind unter uns

‚Was tut man nicht alles für ein geregeltes Sexualleben.’, schießt es Dagon durch den Kopf. Er konnte aber wirklich nichts dafür. Seine Eltern waren Naturkostfans gewesen, natürliche Anhänger der Göttin Gaja, und wählten deswegen ‚Erde’ als passenden Namen für ihren Sohn aus.

Niemand brachte den Mut auf, ihnen zu erklären, dass der Gott Dagon das äußerst hässliche, männliche Äquivalent einer Nixe war und enorm nach Fisch stank.

Dagon zupft an seiner Fliege und blickt noch einmal in den Spiegel. Im Frack sieht er doch recht respektable aus. Hm? Dochdoch! Ein Mann auf dem Zenit seines Lebens, genug Geld um sich für einen einzigen Abend die passende Kleidung maßschneidern zu lassen, erstaunlich viril-vital, immer noch gut aussehend, tolle Geliebte …

Drei Stunden mit dem Objekt seiner Begierde in einem langweiligen Theater zu verbringen, erscheint ihm ein geringer Preis für diese permanente Wolllust. Wenn sich ihm dieser, wie von Phidias persönlich geformte, Körper entgegen warf, sich öffnete und in Verzückung bog, wurde jede andere der möglichen Freuden dieser Welt daneben bloß zu billigstem Substitut. Dieses Gefühl in einen Jungborn gefallen zu sein, wirklich zu LEBEN! Mit 62 Jahren den Sex zu entdecken wie seinerzeit als Jüngling.

„Kommst du?“ Taoglyphica streift sich lange schwarze Samthandschuhe bis über die Ellenbogen. Taoglyphica konnte auch nichts dafür. Ihre Eltern waren mehr daran interessiert mit esoterischer Extravaganz mystisches Ambiente zu beschwören, als an Vermeidung von Traumata beim Nachwuchs – sie verdienten sich den Lebensunterhalt als Wahrsager und betrieben einen Kristallkugelhandel.

Ein Mieder betonentes Gedicht in dunkelblauer Seide mit rubinroten Säumen aus Samt bedeckt ihre Figur auf eine Weise, die förmlich zum Ausziehen auffordert. Nur wenige Frauen können bekleidet nackter erscheinen als unbekleidet – Taoglyphica konnte es. Mühelos! Bewundernd lässt er seinen Blick über ihre Figur wandern. Es ist nicht das Kleid. Es sind nicht die Augen. Es sind nicht die Kurven. Es ist auch nicht dieser Mund.

Es sind die Augen und das Kleid und die Kurven und der Mund!

„Bisschen viel Eyeliner? Aber das passt gut zu deinen blutroten Lippen und geheimnisvollen Ausstrahlung.“ Taoglyphica lächelt mysteriös und Dagon spürt sofort eine Wirkung. Sie tätschelt seinen Schritt: „Nachher. Sonst kommen wir zu spät.“

„Es ist nicht weit.“, meint ein eingehängter Engel der Ekstase an seiner Seite, als sie aus dem Haus treten. Bodenlange Umhänge halten die feuchte Nachtluft ab. Nebel schleicht um die Ecken und verschluckt die Geräusche der Stadt. Keine 200 Meter weiter biegt die Frau in eine kleine, unbeleuchtete Gasse ein, die er noch nie bewusst wahrgenommen hatte. Am Ende steht ein großes, massives und irgendwie düster anmutendes Gebäude mit mehr Erkern und Türmchen denn ein Architekt heutzutage bewilligt bekäme; doch während die zwei sich nähern wird es plötzlich illuminiert als ob es in Las Vegas stünde. Blinkende Neonschrift kündigt eine ‚Nacht der Übereinkunft’ an.

Verblüfft bleibt Dagon stehen. „Dieses Gebäude kenne ich gar nicht.“ Taoglyphica zieht ihn weiter. „Es wird ein experimentelles Theaterstück gegeben. Ohne Unterschiede zwischen Zuschauer und Darstellern.“

„Ja, und wie heißt das Stück?“ Die zwei treten durch den Eingang. Ein livrierter Lakai hilft ihnen aus den Umhängen und überreicht mit großer Geste zwei Garderobenmarken. Ein anderer hält ein Tablett mit Champagnergläsern.

„Cape non Gurgulum.“ Taoglyphica lächelt geheimnisvoll und schon wieder regte sich da etwas.

„Wie bitte?“ Dagon kratzt seine rudimentären Lateinkenntnisse zusammen. „Schnappe nicht die Kehle?“

„Ja, es ist ein uraltes Theaterstück und hat eine Legende zur Grundlage. Komm, wir setzen uns an einen Tisch, nahe der Bühne.“

Dagon blickt sich um. Der große Saal ist mit Ledersesseln und Bistrotischen möbliert. Überall sitzen festlich gekleidete Leute, nippen an kleinen Gläsern und blicken zur Bühne. Darauf befindet sich nur ein massiv wirkender Tisch, dafür aber sehr dramatisch ausgeleuchtet. Dagon spürt die (garantiert) neidischen Blicke der anwesenden Männer und genieße die Aufmerksamkeit. ‚Ihr fragt euch bestimmt gerade: Was hat er nur, was mir fehlt? Nun, Charme, selbstsicheres Auftreten, Erfolg, Geld … und … Potenz! Einen knallharten Blutstau, ganz ohne Viagra! Ha!’

Aber er fragt höflich, während er seiner Göttin die Hand hält, als sie sich geschmeidig wie eine Katze in den Sessel gießt: „Uralt und experimentell?“

„Keine Sorge. Das passt schon. Die Legende besagt, dass alle 20 Jahre ein Blutopfer die Übereinkunft besiegelt, welche zwischen Vampiren und Menschen in grauer Urzeit getroffen wurde und ein friedliches Nebeneinander von zwei, einander so fremden Kulturen ermöglicht. Vampire brauchen nur einen kleinen Tropfen Blut als Sakrament um damit jahrelang auszukommen.“

Verwirrt runzelte Dagon die Stirn. „Vampire? Übereinkunft, Sakrament?“

„Ja, die Legende verlangt nach neuem Blut. Hast du mich jemals etwas essen sehen?“

„N … n … nein.“

„Schatz, du hast mich deswegen nie etwas essen gesehen, weil mir klar war, dass ich heute mit den anderen teilen werde. Du bekommst natürlich die Hauptrolle. Sieh es mal so: Dein Opfer garantiert weitere 20 Jahre Frieden zwischen unseren Völkern. Du bist ein Held! In deinem Getränk war ein Cocktail aus Muskelrelaxan, Hypnotika und Aphrodisiaka. Und entgegen allen Legenden saugen Vampire nicht am Hals. Und auch nicht bei jungen Frauen auf dem Balkon in knappen Gewändern. Ich bin stolz auf dich. Lebe wohl.“

Dagon wurde auf Händen zur Bühne getragen. Hände rissen ihm die Kleider vom Leib, Hände fesselten ihn nackt auf den Tisch. Hände hielten sein schlaffes Glied und eine Hohlnadel wurde in die Basis hineingestochen. Er konnte nichts dagegen tun. Er konnte noch nicht einmal schreien. Dann sah er Taoglyphica. Sie kam auf ihn zu. Sie war nackt. Sie hielt ihm ihre wundervollen Brüste entgegen. Sie zeigte ihm die Lustspalte. Sie beugte sich und liebkoste sein Glied mit ihrem wahnsinnigen Mund.

Und während ihm tropfenweise das Blut abgezapft und an die Gäste verteilt wurde starb er auf eine Weise, von der man nicht träumen sollte…


Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!

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RE: Etwas für Splatterliebhaber

#2 von Sirius , 25.01.2016 19:50

Das war eine tolle Geschichte, klsa, ich werde jetzt bei Theaterbesuchen vorsichtig sein.
Du hast einen sehr aufwändigen Hintergrund gewählt und so eine wunderbare Stimmung geschaffen, hat mir sehr gut gefallen!

Sirius


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RE: Etwas für Splatterliebhaber

#3 von scrabblix , 25.01.2016 21:51

Du hast es geschafft, mich trotz des etwas längeren Textes, am Laptop verweilen zu lassen, klsa. Liegt wohl daran, dass du eine wirklich gute Schreibe hast!

Lieben Gruß
scrab


Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.

 
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