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RE: Im Morgengrauen

#1 von Seeräuber-Jenny , 01.12.2015 02:13

Im blassen Morgenlicht, in den dunklen Raum
verwoben, die Silhouette einer einsamen Frau
am Fenster, den Kopf schlaftrunken im Traum
gefangen, dessen Gespenst, müde und grau,
bettschwer in sein finsteres Versteck schlurft.

Am frühen wolkenverhangenen Himmel kreist
ein schwarzer Vogel, Bote aus einem fernen
Land jenseits der Wolken. Der Weg verwaist,
der sie wegführt, hin zu den silbernen Sternen.
Ach, hätte es wirklich all des Schmerzes bedurft?

Nichts mehr zu fühlen, ohne Furcht, Verlangen
oder Begierde zu sein. Kein Wunsch oder Wille
hält die Frau noch in Raum und Zeit gefangen.
In Gedanken flieht sie weit weg in die ferne Stille,
befreit von dem Dasein, das sie einst bedrückt.

Sie öffnet das Fenster, atmet ein letztes Mal
die frische Morgenluft. Sie breitet die Arme aus.
Und während sie fortfliegt aus dem Jammertal,
weht ihr letzter Atem leise in den Tag hinaus.
Und schon ist ihre Seele Zeit und Raum entrückt.


Die Leute sagen immer:
Die Zeiten werden schlimmer.
Die Zeiten bleiben immer.
Die Leute werden schlimmer.

Joachim Ringelnatz

 
Seeräuber-Jenny
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RE: Im Morgengrauen

#2 von BABS the SPECIAL ONE , 01.12.2015 12:28

Das hast Du sehr fein beschrieben. Allerdings sehe ich die Sache ein klein wenig anders. Bei mir steht sie zwar auch am geöffneten Fenster, aber die Wohnung liegt im Erdgeschoss und somit fällt sie lediglich auf die Schnauze. Entschuldige meine Interpretation, ich kann nicht anders, ich seh eben alles von der humorigen Seite.
Ich sende Dir ganz liebe Grüße
Babsi


Was kostet die Welt - Ich nehm zwei.

 
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RE: Im Morgengrauen

#3 von Sirius , 01.12.2015 16:30

Es liest sich fast wie eine Geschichte, die Reime dezent, gut gelungen der Reim jeweils im fünften Vers.
Ich musste dabei an Ludwig Hirsch denken, der so starb. So hat ein jeder andere Assoziationen.
Als Zyniker hingegen würde ich sagen: Leben ist auch keine Lösung.
In diesem Gedicht erscheint der Tod wie eine Befreiung, als gäbe es auch Alternativen, die sich dann aufzeigen, aber letztendlich kann er nicht d i e Lösung sein.
Es ist atmosphärisch sehr dicht und herausragend geschrieben.

Sirius


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Zwischen Wolken und Sehnsucht
Morgen werde ich gehen

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