Was weiß ich

Axel Maria Marquardt

Lieb ich Dich?
Ich weiß es nicht.
Gestern Abend, um halb acht,
hab ich es mal kurz gedacht.
Aber schon um viertel vor
kam's mir unwahrscheinlich vor.
Dann, eine halbe Stunde lang
anhaltender Liebesdrang
der bald der Überzeugung wich
ich lieb Dich nicht. Ach, was weiß ich!

Ewigkeiten

Sag nicht,
du willst mich ewig lieben.
Die Ewigkeit ist schwer zu messen.
Und vor den Ewigkeiten liegt das Morgen.
Und vor dem Morgen oft schon das Vergessen.

Iris Hornbogen

Ahnungslos
Eugen Roth

Ein Mensch hört staunend und empört,
Dass er, als Unmensch, alle stört.
Er nämlich bildet selbst sich ein,
Der angenehmste Mensch zu sein.
Ein Beispiel macht Euch solches klar:
Der Schnarcher selbst schläft wunderbar.

Herrliche Eugen-Roth-Weisheit! Also ich .... wache regelmäßig... Gott sei Dank!... vom eigenen Schnarchen auf. Aber das ist ja bloß ein Bild.

Jörn

Zahnfäule in Paris

Etwas frißt an mir

Ich rauche zu viel
Ich trinke zu viel

Ich sterbe zu langsam


Heiner Müller

Noch einmal!

Theodor Storm

Noch einmal fällt in meinen Schoß
die rote Rose Leidenschaft;
noch einmal hab ich schwärmerisch
in Mädchenaugen mich vergafft;
noch einmal legt ein junges Herz
an meines seinen starken Schlag;
noch einmal weht an meine Stirn
ein juniheißer Sommertag.

Jammertal

Man wird schreiend geboren
greinend stirbt's sich irgendwann
dazwischen: Gejammer
ein gutes halbes Leben lang

Da sollte man sich beizeiten
einen Freudenberg aufschichten
auf den man in aller Frühe
klettern kann

(weegee)

Eine gute Idee, weegee, und ich fürchte , genau das hab ich versäumt.
Wie lehrreich doch Gedichte sind..

Sirius

Zitat von Sirius im Beitrag #668

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und ich fürchte , genau das hab ich versäumt.

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Mine Lüd

Mine Lüd
gaht ärn stillen, sturen Gang.
Wat se willt, dat fat se an,
holt är Wurt un staht ärn Mann.
Bloss wat är in´n Harten ligg
seggt se nich – seggt se nich,
mine Lüd.

Alma Rogge

Welt im Wandel

Ich bin nicht mehr, der ich mal war.
Das wird mir täglich schmerzhaft klar.
Doch dass ich weiß, wer ich mal war,
verdank ich dem, der ich heut bin:
Die Zeit macht dich nicht nur zur Sau,
sie macht auch schlau, macht sogar Sinn.

Robert Gernhardt

Stehen im Schatten

Paul Celan

Stehen, im Schatten
des Wundenmals in der Luft.

Für-niemand-und-nichts-Stehn.
Unerkannt,
für dich
allein.

Mit allem, was darin Raum hat,
auch ohne
Sprache.

Der Mond lügt

Wolfgang Borchert

Der Mond malt ein groteskes Muster an die Mauer.
Grotesk? Ein helles Viereck, kaum gebogen,
von einer Anzahl dunkelgrauer
und schmaler Linien durchzogen.
Ein Fischernetz? Ein Spinngewebe?
Doch ach, die Wimper zittert,
wenn ich den Blick zum Fenster hebe:
Es ist vergittert!

Traumhell

Hans Carossa

Und wie manche Nacht
bin ich aufgewacht,
lag so hell der Mond auf Bett und Schrein!
Sah ins Tal hinaus –
traumhell stand dein Haus –
tiefer träumend schlief ich wieder ein.

Heiner Müller

ALLEIN MIT DIESEN LEIBERN

Staaten Utopien
Gras wächst
Auf den Gleisen
Die Wörter verfaulen
Auf dem Papier
Die Augen der Frauen
Werden kälter
Abschied von morgen
STATUS QUO