Tass Kaff
Früher – und damit meine ich vor noch nicht allzu langer Zeit, als die Menschen noch ein Gewissen und charakterliche Kultur hatten, zumindest ein Hauch von Schamgefühl für die eigene Verkommenheit – da konnte man noch überall eine Tasse Kaffee trinken.
Und ich meine eine TASSE Kaffee, nicht in den Universal-Mocks und nicht im Pappbecher.
Draußen gab es zwar der Gier wegen nur Kännchen, weil die Plätze gefälligst für die Torten-Strategen gedacht waren, die das Kuchen-Buffett leerfraßen und nicht für die asozialen Heiopeis, die an einer Tasse Kaffee den ganzen Nachmittag rumnuckelten. Die konnten drinnen neben dem Hundenapf sitzen.
Heute heißt die Tass Kaff „Coffee to go“, kostet doppelt so viel und man muss ihn draußen aus einem Pappbecher trinken. Heute ist alles „to go“, das Essen, Trinken, das Reden, das Arbeiten, vor allem das Telefonieren. Selbst Schuhe sind to go. Und Telefonieren to go ist die Beschäftigung schlechthin. Ich glaube, die meisten Leute haben selbst beim Pimpern das Smartphone dabei und schicken kurz vor Abgang noch schnell eine Mail: Ich komme gleich..!
Aber ich will nicht abschwänzen (Synonym für „abschweifen“ (Heutzutage muss man ja alles erklären)).
Neulich sah ich auf einer Behörde eine Tante im Büro, die aus ihrer Mock Kartoffelbrei von Maggi fraß. Es wird grundsätzlich alles aus einer Mock gefressen und gesoffen: Morgens den Kaffee, danach den Joghurt, die Mittagssuppe, zwischendurch eine Mock Rotwein, Löffelkuchen, Tee, Bier und Mineralwasser.
Und ich meine immer dieselbe Mock!
Die Denk-Atheisten haben längst vergessen, warum früher Tassen produziert wurden für den Kaffee-Genuss: Weil die Tassen nämlich dünnrandig sind und keine Botox-Lippen wie Mocks haben, damit man den Kaffee schon mit den Lippen genießen kann und nicht auf ex weghaut wie eine Flasch Bier..
Aber wer sich Marmelade auf die Bratkartoffeln schmiert, der hat keine Ahnung von Kaffee-Kultur, überhaupt von Ess- und Trinkkultur, Hauptsache er kann sich schnell to go befressen und besaufen. Zum Genießen ist keine Zeit, denn die braucht man zum Simsen, und für die eigene „Kultur“ reichen ein Smartphone, eine Mock, ein Wanst und eine App völlig aus.
Ich trinke am liebsten aus einer Tasse meinen Kaffee, auch wenn man die als Gast kaum noch angeboten bekommt, sondern mit der Kartoffelbrei-Mock der Verwandtschaft vorlieb nehmen muss. Deswegen streunen vermutlich auch immer die Katzen um meine Beine, weil ich aus deren Mock saufe.
Aus Mocks kann man Brühe oder Fenscheltee trinken, für Bier gibt es richtige Biergläser und für Korn diese kleinen Hauwech-Stumpen.
Aber wem sag ich das. Leute, die sich einen Negerkuss auf die Makrele pappen, lesen hier im Kulturteil ohnehin nicht.
Sirius
Reset the World!
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Herrlich, Sirius!
Hier hast du wieder mein Zwerchfell strapaziert.
Eine gelungene Satire!
Jonny
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