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RE: Lest das!

#1 von Sirius , 01.02.2018 20:56

Lest das bitte! Meine Kotzration für heute. So stellt sich ein FOCUS-Autor die Zukunft vor aufgrund der heutigen Gegebenheiten. Zukunft für Begüterte. Die Masse wird ohne Strom und Wasser hausen, der UV-Strahlung und der Überwachung ausgesetzt.
Ihr werdet das sein. Eure Kinder. Die Folge eurer Gleichgültigkeit.

Heute, der 13. Januar 2043

Von FOCUS-Autor Thilo Mischke


Unsere Körper sind jung, aber die Seelen alt: In den nächsten 25 Jahren wird der Mensch nicht nur Fertigungsprozesse, sondern das ganze Leben an die Maschinen delegieren. Unser Autor hat schon mal vorgespult – eine Zukunftsvision Von Thilo Mischke
Die Smartverglasung meines Schlafzimmers weckt mich an diesem kühlen Januarmorgen. Sie filtert das Licht, die Geräusche der Stadt, nimmt die ultraviolette Strahlung aus dem Tag heraus und simuliert eine Sonne, die im grauen Himmel aufgeht. Ich höre das Zwitschern von Vögeln, die in Deutschland nicht heimisch sind.„Es ist sieben Uhr dreißig“, sagt mir meine Wohnung. „Ihre Vitalwerte sind gut, der Ruhepuls ist 61, eine Erhöhung von zwei Prozent im Vergleich zu gestern. Für Berlin erwarten wir heute eine Maximaltemperatur von 19 Grad und leichte Gewitterstürme. Möchten Sie die Nachrichten hören?“, fragt mich die warme Stimme einer Frau. Sie lebt im Glasfasernetz, das die Wände meiner Wohnung durchzieht. Ich antworte nicht.„Wie sind die Ethereum-Kurse?“, frage ich. Sie antwortet kühl, und ich weiß, dass ich mir um die offizielle Kryptowährung keine Sorgen machen muss.Das Jahr 2043 hat vor wenigen Tagen begonnen, ich bin 61 Jahre alt. Das, was 2018 noch ferne Zukunft war, ist meine Gegenwart.Maschinen sind längst schlauer als ich. Sie trafen für mich immer mehr Entscheidungen, inzwischen haben sie meinen Beruf weitgehend übernommen. Nachrichten werden von Menschen gemacht und von Maschinen aufgeschrieben. Mein Stolz kämpft bis heute damit. „Schöne Texte braucht niemand mehr“, wurde mir gesagt, und dann habe ich aufgehört, für viele zu schreiben, schreibe seitdem nur noch für mich. Ich lebe wie eine analoge Made im digitalen Speck.Die Welt, sie ist besser geworden, wenn man sich nicht davor fürchtet, dass sie nicht mehr uns Menschen gehört, sondern den Maschinen, den Statistiken, den Zahlen und Werten, der kalten Optimierbarkeit des Lebens. Den Smarthomes, den Smartdevices, dem Internet of Things.„Wassertemperatur auf 45 Grad“, sage ich, „Duschzeit: elf Minuten.“

Meine Dusche antwortet mir: „Ihr aktueller CO2-Abdruck beträgt zwölf Gramm, Ihnen bleiben heute noch 170 Gramm, möchten Sie sich für 0,0002 Ethereum weitere 100 Gramm dazukaufen?“, will die Dusche wissen. Natürlich ist es nicht meine Dusche, die das erfahren will, sondern das Finanzamt. Maschinen wissen alles, sie machen alles richtig. Korrigieren, was wir Menschen falsch machen.Mit der erfolgreichen Massenproduktion des Quantencomputers haben wir uns das geschaffen, was wir am meisten vermissten: einen Gott, der uns duscht, die Wunder erklärt, am Leben erhält. Ende 2030 wurde beschlossen, dass jede Wohnung einen Kernprozessor bekommen soll, eine Recheneinheit, die mit der Welt außerhalb meiner Wohnung verbunden ist. Die mich informiert, mich steuert.Ich erinnere mich noch an die Proteste der Analogen, die sich weigerten, an dieser Zukunft teilzunehmen, die sich sträubten, bequem zu werden. Denn darum geht es: Bequemlichkeit. Damit wir uns zurücklehnen können. Doch manchmal denke ich, wir haben uns zu weit zurückgelehnt, der Stuhl könnte kippen. Und wir würden es nicht mehr schaffen aufzustehen.Für mich waren die Analogen Hippies, aber sie haben politische Macht gewonnen: die neuen Grünen, lange nachdem die alte Partei der Grünen eins geworden ist mit der SPD, der Arbeiterpartei, die das bedingungslose Grundeinkommen durchgesetzt hat. Weil es keine Arbeiter mehr gibt, brauchen wir auch niemanden, der für ihre traditionellen Rechte kämpft.Während ich gewaschen werde, bereitet mir meine Küche das Frühstück zu. Proteinnahrung, denn echtes Fleisch, echten Käse kann sich heute niemand mehr leisten. Ich höre das mechanische Surren des Proteindruckers. Er druckt Käse und Brot, er druckt Kalorien, damit ich nicht verhungere. Die Maschinen haben uns gesagt: Ihr braucht Proteine. Also haben wir einen Drucker gebaut. Außerdem brauchen wir Medizin, die Maschinen haben die passenden Wirkstoffe kombiniert.„Was machst du heute?“, will ich von meinem besten Freund Christoph wissen. „Ich will auf den Mars, kommst du mit?“, sagt er. Gemeinsam brechen wir auf – mit unseren Virtual-Reality-Brillen. Elon Musk wollte Menschen ganz real zum Mars schicken, damals 2024, aber die große SpaceX-Katastrophe, bei der mehr als 100 Siedler in der Erdatmosphäre verglühten, ließ uns mit der Besiedelung des Weltraums konservativer werden.Musk schickte Sonden, die von Menschen auf der Erde gesteuert wurden.

Seine Firma baute ein Mars-Erde-Kommunikationsnetz. Der Rote Planet wurde nicht von uns Menschen besiedelt, er wurde von unserer Technologie erobert.Christoph steuert, ich beobachte, wir suchen Höhlen, die vor Millionen Jahren entstanden sind. Wir suchen Rohstoffe. Es ist langweilig.„Warum machst du das?“, frage ich ihn. „Du könntest doch auch einfach mit mir Computerspiele spielen. Was hältst du von Mario-Tennis?“ Ich habe eine der antiquierten Videospielkonsolen aufgehoben. Damals, als Computerspiele noch urzeitlich aussahen und Menschen in der Freizeit zusammenbrachten, waren sie noch gut. Heute sind sie eine Leistungssport-Disziplin mit Weltmeisterschaften, kein Hobby mehr.Und dann erklärt mir Christoph, dass jetzt wir die Alten sind. Wir sind die Trägheit einer Gesellschaft, die nichts mehr zu tun hat, nicht gewohnt. Christoph muss etwas tun, damit er glücklich ist. „Wir sind aufgewachsen mit der Angst, keinen Beruf zu finden. Wir hatten Angst vor Krebs, vor Aids, vor dem Tod.“ Jetzt hätten wir nichts mehr, erklärt er mir.Während unserer Marsmission vergessen wir die Zeit. Unsere Körper werden verfetten, wir werden nur noch in Stühlen sitzen und uns dem Sex mit Maschinen widmen. Uns geht es gut. Wir haben keine Sorgen, weil wir keine Ängste mehr kennen.Die Analogen haben einen Anschlag auf einen Elon verübt, einen der Knotenpunkte, die uns mit dem Mars verbinden, als würde ich von Berlin nach München telefonieren.

Die Verbindung ist kurz unterbrochen und hat dann eine Verzögerung von mehreren Millisekunden. Präzises Arbeiten ist so nicht mehr möglich.„Wollen wir spazieren gehen?“, frage ich. Und wir verabreden uns in einem Stadtpark, mittlerweile müssen wir dafür Eintritt bezahlen.Die Sonne hat sich durch die Januarwolken gezwängt, der Geruch von Ozon liegt in der Luft. Elektrische Autos befahren die Straßen, sie surren, manchmal hört man noch einen Ottomotor. Menschen mit genug Geld können sich das leisten, das Grundeinkommen reicht dafür allerdings nicht aus.Wir haben in den letzten 25 Jahren viel versucht, um den Klimawandel aufzuhalten, aber irgendwann haben wir die neue Wetterrealität akzeptiert. Wir haben die Grenzen geöffnet, die Natur hat uns zu wirklichen Weltbürgern gemacht, weil wir nicht verantworten konnten, dass Milliarden Menschen verdursten, erfrieren, verhungern. Wir haben weniger Platz, aber uns geht es ja gut. In Europa müssen wir uns nicht fürchten vor der Zukunft, obwohl die Welt wärmer geworden ist und die Stürme verheerender sind.Heute lachen wir über die Dummheit jener, die meinten, es gäbe keine Klimaerwärmung. „Ich glaube, der Fehler war damals, es Klimaerwärmung zu nennen“, sage ich. Jeder dachte, es würde einfach nur heiß werden. Dabei sind die Winter in Nordamerika von sibirischer Kälte, die Winter in Europa mittlerweile mediterran mild und nass. Saaten verschimmelten, der Oderbruch ist wieder vollgelaufen, Malaria eine Brandenburger Tatsache.Christoph und ich spazieren durch den Park, ich habe künstliche Gelenke aus Carbon. Wir essen Nüsse mit unseren aus Stammzellen gezüchteten Zähnen. Wir sind die erste Generation, die Altern anders definiert, wir sind die Ersten, die sagen: „Unsere Körper sind jung, aber die Seelen sind alt.“Meine Armbanduhr unterbricht mich. „Ihre Herzrate ist zu hoch, bitte machen Sie eine Pause.“ Wir setzen uns auf eine Parkbank. Ich spüre das befriedigende Vibrieren der Induktionsspannungslader. Die technischen Geräte, die sich in und auf meinem Körper befinden, werden jetzt geladen. Kabellos! Noch immer finde ich das faszinierend.

Aus der Energiekrise wurde ein Energieüberfluss. Arm ist der, der es sich nicht leisten kann, seine unzähligen technischen Geräte mit Strom zu versorgen. Christoph und ich sind nicht arm. Wir sind nur älter. Jeder Zweite unserer Generation wird mindestens 100. Unsere Kinder werden 105. Älter heißt heute: Wir brauchen Platz. Wir rauben unseren Kindern keine Rente, wir rauben ihnen Wohnraum. Aber wir fühlen uns nicht schlecht, weil wir das hier alles aufgebaut haben. Wir argumentieren so wie unsere Großeltern.„In 25 Jahren wird noch mal alles anders sein“, sagt Christoph. „Dann sind wir wohl vollkommen obsolet.“Mein bester Freund ist immer radikaler gewesen als ich. „Entweder bricht alles zusammen, oder die Maschinen können komplett auf uns verzichten“, sagt er.Ich nehme meine Brille ab und bin wieder in meinem Wohnzimmer. Christoph ist schon vor Jahren nach Marokko ausgewandert, dort haben die Analogen einen alternativen Staat gegründet. Er ist dort glücklich, ich bin es hier. Aber trotzdem fehlt er mir. Wir haben keinen Kontakt. Manchmal hoffe ich, dass es wieder ein Postwesen gäbe, damit ich ihm wenigstens schreiben kann.Die künstliche Intelligenz, die allgegenwärtig ist, hat keine Schwierigkeiten, Freundschaften zu simulieren. Früher bedeutete technischer Fortschritt, dass die Dinge für uns einfacher wurden – heute werden sie menschlicher. Manchmal, im Jahr 2043, fühle ich mich einsam, aber ich weiß, mir kann nichts passieren. Ich bin satt. Ich habe keinen Krebs. Ich wohne, geschützt vor dem UV-Licht der Sonne, an einer stillen Straße.Ich dachte, die Zukunft wäre heiterer, aber vielleicht war es ein Fehler zu glauben, dass die Maschinen, denen wir unsere praktische Welt verdanken, auch noch Humor hätten. Ich bin gespannt, wann wir uns selbst überwinden. Ich habe keine Angst.

https://www.focus.de/kultur/medien/essay...id_8293146.html

Ich schon. Ein künstliches Leben hinter einer Brille? Und ihr habt das mit „aufgebaut“? Ihr habt den Planeten ruiniert, ein Großteil der Menschheit vermutlich nachhaltlich eleminiert, ihr habt keine Gefühle und keinen Verstand mehr, aus der Dusche plärrt es: „Wir leben gut und gerne hinter unserer Brille!“, und man erfreut sich daran, dass man sein künstliches Essen aus dem Drucker bezieht und seinen Schniedel in ein Silikonkonstrukt steckt?
Das ist die Zukunft, vor der FOCUS-Journalisten keine Angst haben?
Ich habe Angst vor euch, denn wenn dieses Horror-Szenario (für Begüterte!) käme, dann hieße das ja, dass das die Leute sind, die heute an dieser Verwirklichung arbeiten.
Und haben wir paar Normalen denn nicht die verdammte Pflicht, diesen Horror, diese kranken Mutanten zu verhindern?
Die Ozon-Schicht komplett zerstört, die Natur komplett vernichtet, Eintritt für den Stadtpark, Milliarden Menschen verrecken abseits eurer Brillen, da wart ihr aber fleißig in nur 25 Jahren!
„Leben“ hinter einer Brille in einem Datenverhau, überwacht von Maschinen. „Mochten Sie noch ein paar Hirnzellen kaufen für 3000 Taler Luftgeld?“
Das dürfte wohl zu spät sein. Nicht die Zukunft macht mir Angst, solche Menschen wie ihr, die diese Zukunft möglich machen wollen.


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Sirius
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