Beate war ein gutes Kind,
wies deutsche Mädel eben sind.
Die Mutter war ne schlimme Frau,
von früh bis spät sternhagelblau,
was, wie ihr sicher alle wisst,
schlecht für die Kinderseele ist.

Bis auf die liebe Omama
war niemand für Beate da.
Bis so ein komscher Vogel kam,
sie unter seinen Fittich nahm.
Ein zweiter kam alsbald hinzu,
von da an warn sie eine Crew.

Die Schweinepunks warn ihr ein Graus,
da rutschte schon die Hand mal aus.
Das asoziale Lumpenpack,
am besten steckt mans in den Sack,
ins Loch damit und Klappe zu,
dann hat die liebe Seele Ruh.

Ach, wär die Heimat nur befreit
von Müßiggang und Fremdarbeit!
Weshalb aus purem Edelmut
man was Spektakuläres tut:
Ein Strick mit Judenpuppe dran
ziert kurz darauf die Autobahn.

Als die Polente kam, verflucht,
und die Garage hat durchsucht,
gelang die Flucht. Oh, welch ein Glück.
Den Sprengstoff ließen sie zurück.
Ab jener schicksalsschweren Stund
lebten die drei im Untergrund.

Dort mussten sie nicht einsam sein,
sie hatten schließlich Helferlein,
die Karre, Knarre stets besorgt
und ihre Ausweise verborgt.
Gar lustig war das Spiel, und wie,
noch schöner als Pogromoly:

Kopfschüsse, dass es nur so spritzt,
ne Nagelbombe, wie gewitzt.
Beate leerte manches Glas,
wenn sie derweil zu Hause saß.
Denn es bereitete ihr Frust,
dass sie von allem nichts gewusst.

Sie hat es später erst gehört
und war ganz fürchterlich empört.
Doch ginge sie zur Polizei,
die Vögel schlügen sie zu Brei.
Denn diese Typen waren bös,
da kocht sie ihnen lieber Klöß.

Als dann die Übeltäter sich
selbst richteten ganz jämmerlich,
da steckte sie, wie euch bekannt,
die Wohnung noch geschwind in Brand.
Die alte Frau war ihr egal,
denn sterben müssen alle mal.

Ihr Kätzchen war in Sicherheit,
sie hats bewahrt vor allem Leid.
Noch schnell ein paar CDs verschickt,
mit Paulchen Panther uns beglückt.
Was zu bekennen lag ihr fern,
Sie mochte einfach Comics gern.

Nun schweigt sie eisern vor Gericht,
wen wunderts, denn sie wars ja nicht.
Schon immer war das liebe Kind
naiv und stumm und taub und blind.
Es warn die Vögel, die so mies,
dass sie der Teufel brät am Spieß.

Bald wird das Unschuldsengelein
für immer hinter Gittern sein.
Doch keine Zeit, um auszuruhn,
sie muss dann braune Hilfe tun.
Wann wird Tag X gekommen sein?
Ich hoffe, an Sankt Nimmerlein!

Perfekt, Jenny! Du hast es nicht verlernt!

Das wäre ein Text für den Leierkastenmann, wenn er denn noch durch die Straßen ziehen würde.

Liebe Lottegrüße

Liebe Lotte,

aye aye, immer die alte Leier...

Allerdings, ich dachte schon, ich hätte es verlernt, so selten wie ich schreibe. Keine Zeit! Wie habe ich die Demonstranten auf der Arbeitslosendemo beneidet, die riefen: "Wir haben Zeit!" Aber nur noch dieses Jahr, dann kann ich mich als Rentnerin ebenfalls entspannt zurücklehnen - und vor allem schreiben. Die Antwort auf die Zschäpe-Verteidigung brannte mir jedoch auf den Nägeln.

Hoffe, es geht dir und allen Tacheles-Freunden gut.

Lieben Gruß
Jenny

Druckreif, liebe Jenny. Klasse. Und was für eine Ausdauer du beweist, das könnte ich nicht.

LG

Jörn

Danke, lieber Jörn. Die Ausdauer habe ich ja schon bewiesen, indem ich 5 Jahre lang diesen Strafprozess verfolgte, obwohl ich mich oft darüber ärgerte.

Lieben Gruß
Jenny

Respekt, Jenny! Starker Text und rundum gelungen!

Leogrüße

Fünf Jahre geht das ganze Theater um die Nazi-Tante schon? Aber: Wir leben in einem Rechtsstaat, das weiß dann jetzt wohl auch die zurückgebliebene Nazi-Tante. Und ich hoffe, sie wird dessen Härte zu spüren bekommen. Weiß sie, dass es ein Theaterstück über die putzigen Drei gibt? "Der weiße Wolf", in Erlangen gesehen.

Jörn

Du? Und schon in Rente? Ich bin doch jetzt dran. Schon vergessen?

Grüß mir Berlin

Danke, liebe Leo!

Lieben Gruß
Jenny

***

Lieber Jörn,

das Theaterstück "Der weiße Wolf" kenne ich noch nicht. Beate Zschäpe hat ja vielleicht schon davon gehört... Das Stück ist bestimmt interessant. Habe gerade Fotos gesehen und eine Kritik gelesen. Das Stück wird nur am Theater in Erlangen gezeigt?

Die Wölfe sind unter uns. Die Mitglieder der Rechtsrockband "Die weißen Wölfe", standen wegen Volksverhetzung und Gewaltverherrlichung vor Gericht. Wegen Verjährung mussten sie damals freigesprochen werden. Aus den Reihen ihrer Fans entstand die "Weiße Wölfe Terrorcrew", gegen die 2012 wegen des Verdachts auf Bildung der terroristischen Vereinigung "Werwolf-Kommando" ermittelt wurde. 2016 wurde die WWT verboten.

Gut, dass unser Rechtsstaat funktioniert und die Demokratie sich wehrhaft zeigt. Trotz vieler Ermittlungfehler der Behörden, dem Schweigen der Angeklagten und den Verschleppungstaktiken ihrer Verteidiger ist es der Justiz gelungen, den Angeklagten einen fairen Prozess zu garantieren und genug Beweise und Indizien zusammenzutragen, die es der Generalstaatsanwaltschaft möglich machten, auf Lebenslänglich und Sicherungsverwahrung zu plädieren. Das Urteil soll im Juni gesprochen werden. Und dann good night, white pride!

Damit wird den Familien der Opfer wenigstens ein bisschen Genüge getan. Doch wird auch das härteste Urteil nicht das Leid und die Schmach, die sie erfahren mussten, von ihren Schultern nehmen und auch nicht ihre ermordeten Angehörigen wieder lebendig machen.

Lieben Gruß
Jenny

***

Yeah, liebe Lotte! Ich bin nun schwerbehindert und darf früher in Rente gehen. Bald werde ich jede Menge Zeit haben und kann dich auch mal besuchen kommen. Musst du denn noch lange ackern?

Lieben Gruß
Jenny

Am 31.12. dieses Jahres ist Schicht im Schacht, Jenny!

Au fein! Bei mir wahrscheinlich auch. Evtl. sogar schon im September.

Waaas? So alt seid ihr schon? Jenny und Lotte - von der Frische eurer Gedichte her hätt ich euch beide auf 30 getippt. Ganz erstaunlich ist das, natürlich weiß ich, dass Schreiben nichts mit dem Alter zu tun hat. Aber ich kenne sonst nur 50+ Leutchen, die sich mit ihren mosaischen Gesetzestafeln sogar schlafen legen und wo sich die geistige Regheit (?) darauf beschränkt, ob Freitag oder Samstag Rasen gemäht werden muss.

Jenny, "Der weiße Wolf" wurde / wird auch in Frankfurt gespielt. Ich fand das damals in Erlangen sehr bedrückend...

LG

Jörn

Ja, weegee, so alt sind wir schon. Zumindest, wenn wir den Daten unserer Personalausweise Glauben schenken. Aber gefühlt, Jörn, gefühlt sind Jenny und ich irgendwo zwischen dreißig und vierzig steckengeblieben.

Genau.