Der Backstein und die Inspiration
Ich erkläre nun zum wiederholten Mal, dass aus dem Vorhof vom Herzens des Seins ständig pure Inspirationspartikel ins Weltall gepumpt werden, welches bekannter Maßen ziemlich groß, mehrdimensional und gemein ist, fragt nicht nach Sonnenschein, denn die meisten dieser Erleuchtungen und kreativen Ideen verfehlen die Erde und verpuffen in den unendlichen Weiten, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat, außer vielleicht Käpp'ten Kirk nebst Mannschaft.
In vielen von solchen Fällen gibt sich die Inspiration auch mit semi-organischem Schaum auf irgendwelchen unmodernen Planeten zufrieden, verführen Schwarze Löcher zu Anfällen von akutem Scharfsinn, was denen aber auch nichts nutzt, und stören das kosmische Gleichgewicht (Ihr wisst schon, nichts darf verloren gehen, aber auch nicht hinzukommen, weil sonst die Anwälte der Kausalität Beschwerde einlegen würden), indem die Erleuchtung zinslose Spontanenergie borgt, tauscht, verleiht und irgendwelche Pokerspielchen mit dunkler Materie treibt. Und wenn so ein Ding mal zufällig die Erde treffen sollte, verleitet sie bloß die Evolution zu kreativem Schwachsinn wie Schnabeltier.
Eines Tages traf so ein Teilchen/so eine Welle (Noch nicht einmal das lässt sich klären) meinen Lieblingsbackstein. Eben noch hing er in meinem Poesiealbum ab, als er plötzlich auf telepathischem Weg ein Gespräch mit mir über grundlegende existenzphilosophische Fragen begann:
„Warum?“
„Darum!“ war mein geistreicher Beitrag zu diesem Thema.
„Warum Darum?“
„Aus dem selben Grund und nun erzähl mal. Wie fühlt es sich an, ein Backstein zu sein?“
„Seltsam. Irgendwie viel zu eckig und akkurat. Ich war ja nicht immer ein Backstein, musst Du wissen. Anfangs war ich knallhartes Eruptivgestein, aber die Zeit schabte mich zu Staub.“
„Ja-ja, so geht es uns doch allen!“
„Anschließend wurde ich gepresst, ertränkt, getrocknet und als Sedimentgestein wiedergeboren.“
„So, oder fast so, oder wenigstens fast so ähnlich, soll es in gewissen Gegenden auf diesem Planeten auch zugehen: Leiden, Leiden, Wiedergeburt, Leiden und zuletzt Erlösung, falls man Vegetarier ist und Zölibatler …“
„Warum?“
„Darum.“
„Mögest Du in eine Mischtrommel fallen.“
„Warum denn das?“
„Darum!“
„Nun, wie stellst Du Dir Deine Zukunft vor? Willst Du Selbstverwirklichung? Soll schwer modern sein. Einklang mit dem Kosmos? Aber lass Dich warnen. Einklang mit dem Universum verlangt nach totalem Wahn.“
„Was ist denn Selbstverwirklichung?“
„Genau das Selbe wie ich es gerne wüsste! Das habe ich mich nämlich immer schon gefragt. Ich meine, ich bin doch selbst und wirklich in meinen Illusionen verhaftet, das muss ich doch nicht auch noch üben. Ich kann's ja.“
„Ha-ha. Könntest Du mich aus diesem Album hier nehmen? Gegenüber ist ein Autoreifen eingeklebt und der stinkt nach Abrieb.“
Ich nahm den Backstein in die Hand und betrachtete ihn aufmerksam. „Du bist auf jeden Fall nicht der Stein der Weisen.“
„Nö. Aber ich war einst der Stein des Anstoßes, jener Felsen, welcher Sisyphos das Leben schwer machte.“
„Echt?“
„Ächt!“
„Warum?“
„Darum.“
„Dieses Warum-Darum-Spiel bringt doch nichts. Auch nicht als 'runnig gag'. Manches wird durch Wiederholen einfach nicht besser. Gib Dir mal mehr Mühe.“
„Ich glaube ich weiß jetzt um das Warum!“
„Du kannst nicht glauben, was Du weißt. Diese Begriffe schließen einander aus. Du kannst auch nicht wissen was Du glaubst.“
„Blödmops. Hör einfach zu. Wir haben es hier mit einem natürlichen Phänomen zu tun, einer Naturkonstanten: Verdammte Sturheit! Die sorgt dafür, dass sich die Dinge aus dem Phasenraum des Potenziellem (gleich hinter der 23'sten Dimension) in unsere wahrnehmbare Vierdimensionalität bewegen. Allem Möglichen ist der Drang zur Existenz innewohnend.“
„Verdammte Sturheit?“
„Nur die Besten, die Hartnäckigsten überleben aus Überzeugung, der Rest rein zufällig.“
Den Rest des Tages verbrachte ich damit über diesen Satz nachzudenken. Aber egal von welcher Seite ich ihn betrachtete, - er war einfach größer als mein Verstand. Den Backstein habe ich eingemauert, das war diese berühmt-dubiose Selbstverwirklichung. Zumindest für Backsteine.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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War das jetzt schon der angedrohte Themenwechsel?
Philosophisch bist du jedenfalls gut drauf und hinterlässt der Nachwelt ganz neue Vermächtnisse.
Und ein Backstein als Stichwortgeber mit Hang zur Selbstverwirklichung hat auch nicht jeder parat.
Problematisch wird es nur, wenn jemand zufällig aus Überzeugung überlebt oder aus Überzeugung auf den Zufall steht, während er gleichzeitig dabei lebt.
Aber: Ein schwarzes Loch beendet alle Probleme und Fragen, vor allem für Dichter.
Warum? Weil er da noch dichter wird.
Ein Karlauer am Rande.
Wie immer hat mir dein Beitrag gefallen, Karl-Ludwig, weil sie wie immer, trotz der schweren Problematik, locker und leicht geschrieben sind.
Sirius
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