Lynchjustiz: Es ist etwas zerbrochen in diesem Land
I n Bremen wird ein Mann von einem Mob lebensgefährlich verletzt. Was hier den dünnen Firnis der Zivilisation durchbricht, sind auch Hass und Hysterisierung - begünstigt durch eine aus dem Ruder laufende gesellschaftliche Debatte.
Kommentar von Joachim Käppner
Es wirkt wie Lynchjustiz aus der Zeit des Ku-Klux-Klans: Offenbar hat eine Fernsehsendung dazu geführt, dass Männer in Bremen eine Wohnung stürmten und den Bewohner lebensgefährlich verletzten. Sie glaubten, nach Auskunft der Polizei fälschlich, ihn auf RTL als Kindesmissbraucher erkannt zu haben.
Für solche Gewalttaten gibt es keine Rechtfertigung. Ein Rechtsstaat hat das Gewaltmonopol und muss, wenn es sich Leute aus welchen Motiven auch immer anmaßen, unnachsichtig durchgreifen. Aber das versteht sich eigentlich von selbst. Interessanter erscheint die Frage nach dem Gemütszustand von Menschen, die andere offenbar ohne jedes Unrechtsbewusstsein halb totschlagen.
Es gab in den vergangenen Jahren mehrere solcher Verbrechen der Selbstjustiz, wie 2012 in Emden, als im Internet Mordaufrufe gegen einen 17-Jährigen verbreitet wurden, der zu Unrecht im Verdacht gestanden hatte, ein Kind getötet zu haben. Auch wenn das Phänomen so neu nicht ist: Was hier den dünnen Firnis der Zivilisation durchbricht, sind auch Hass und Hysterisierung, womöglich begünstigt durch eine aus dem Ruder laufende gesellschaftliche Debatte.
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http://www.sueddeutsche.de/panorama/lync...inung-1.4015467
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