Die alten Wörter, die scharfen Wörter
„Lied vom Abendrot“: Esther Kinskys großartige Übersetzung eines wunderbaren Romans von Lewis Grassic Gibbon.
Fünfundachtzig Jahre nach seinem Erscheinen hat ein großer Roman eine große Übersetzerin gefunden, es ist ein Zusammentreffen, wie es sie glücklicher kaum geben kann: Die Schriftstellerin, Lyrikerin, Essayistin Esther Kinsky hat sich Lewis Grassic Gibbons „Sunset Song“ nicht nur mit Engagement und Feingefühl angenommen, sie hat weit mehr als ihre Übersetzerpflicht getan, indem sie für diesen schottischen Roman einen Dialekt zum Teil borgte, zum anderen anreicherte mit passend und klangvoll Erfundenem. Dabei gab es durchaus einen Vorläufer, den man (der großartige kleine Guggolz Verlag in diesem Fall) nur ein bisschen hätte aufzuhübschen brauchen – und wahrscheinlich hätte sich kein Leser beschwert: In der DDR erschien der Roman 1970 als „Der lange Weg durchs Ginstermoor“ und in einer offenbar soliden, allerdings eben durchweg hochdeutschen Übersetzung von Hans Petersen.
Aber was hätte man verpasst, hätte Esther Kinsky nicht so beherzt wie findig und trefflich gebastelt: Eine prächtig pralle Sprachmelodie, die bei allen hinzu erfundenen Wörtern doch wirkt wie direkt aus schottischen Bauernschnäbeln kommend. In einer Vorbemerkung zu „Lied vom Abendrot“ erklärt Kinsky, wie sie sich mit dem „Doric Scots“ vertraut machte, das große Ähnlichkeit mit skandinavischen Sprachen aufweise, wie sie dann über die Wahl eines Idioms nachdachte, „das an die Stelle des ,Doric‘ treten und einen Gegenpol zum Hochdeutschen bilden kann“. Sie entschied sich für ein nach Bedarf geschmeidig abgewandeltes Plattdeutsch; Sprecher und Kenner des Plattdeutschen bittet sie um Entschuldigung. Aber man wüsste nicht für was, denn diese dürften ihren Spaß haben, sollten sie das „Lied vom Abendrot“ lesen.
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http://www.fr.de/kultur/literatur/schott...erter-a-1527548
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