Angst macht nur der Abschleppwagen
Trailerpark, Teenie-Mom und Waffenhandel: Was wie ein US-Stereotyp klingt, ist eine aufwühlende Story über ein Mutter-Tochter-Gespann. Jennifer Clements Roman "Gun Love" zerpflückt einem das Herz.
"Ich wuchs in einem Auto auf und wenn man im Auto lebt, hat man keine Angst vor Blitz und Donner, das einzige, wovor man Angst hat, ist der Abschleppwagen."
"Ich" ist 14, heißt Pearl und kennt nur dieses Leben im Auto auf dem Besucherparkplatz des Trailerparks. Die Vordersitze ihr Kinderzimmer, die Rückbank das Bett ihrer Mutter, das Wagendach der Kaminsims, der Kofferraum der Kleiderschrank. Und das Bad zur Not die Klos bei McDonald's.
Hand aufs Herz, wie oft funktioniert es, die allererste Seite eines Romans zu überfliegen und nicht einfach nur Lust zu haben, weiterzulesen. Sondern dass man vergisst zu atmen und felsenfest überzeugt ist, dass dieses Buch alles in den Schatten stellt, was man seit Langem in die Finger bekommen hat? "Gun Love" von Jennifer Clement ist so ein rarer Fall. Und der zitierte Satz oben am Artikelanfang, der so nüchtern ein ganzes Lebensdrama aufspannt, steht erst auf Seite zwei.
Es ist eine Geschichte über eine Mutter-Tochter-Einheit und die Regeln, Rituale und Fantasie, aus denen sie sich ihre Familienhistorie zimmern. Eine Geschichte über Einsamkeit und über die Brutalität, den der Zweite Zusatzartikel der US-Verfassung über den Alltag von Menschen ausschüttet: das Recht, Waffen zu besitzen und mit sich zu tragen.
Weiterlesen:
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/j...-a-1228845.html
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