Flucht aus Haiti
Im Boot mit einer Kindsmörderin
Wie leben Flüchtlinge weiter, die in ihre Heimat zurückgeschickt werden? In seinem eindrucksvollen Debütroman führt Néhémy Pierre-Dahomey seine Leser in die Elendsquartiere von Haiti.
Belli ist am Leben. Ihre Flucht ist gescheitert. Drei Tage lang saß sie mit ihren drei Kindern und 40 anderen Illegalen auf einem Boot. Das Ziel: Florida. Draußen peitschten Sturmwellen gegen den Bug. Wasser lief in den Rumpf. Irgendwann musste Belli entscheiden: Meine Kinder oder ich. Sie warf ihren Sohn über Bord
Das Boot kam an. Ein paar Passagiere gingen bei den Coast Guards von Florida als Exilanten durch - darunter Bellis Tante. Belli wurde an der Grenze abgewiesen. Mit ihrer jüngsten, nicht über Bord geworfenen Tochter auf dem Arm läuft sie die letzten Meter zurück nach Hause, über die Lehmstraßen von Haiti. Ohne ihren Sohn.
Löchrige Dächer. Morsches Holz. Schon der erste Satz in Néhémy Pierre-Dahomeys Debütroman lässt vermuten, wo die Heimreise hingeht: "Tapfer und zielstrebig beschritt Belli diesen Pfad, leicht wie ein Kreuzweg." Es sind Sätze wie diese, mit denen der gebürtige Haitianer den Leser Schritt für Schritt ins Dunkel der "Cité Soleil" führt. "Sonnenstadt" heißt das Viertel, aus dem Belli kommt, unweit vom Hafen von Port-au-Prince. Aber freundlich-sonnig ist es hier keineswegs, es ist ein Elendsviertel aus Baracken und Müll.
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http://www.spiegel.de/kultur/literatur/d...-a-1231091.html
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