Immer noch

Wo ich aufwach, sterben all meine Träume
und mein Innenleben liegt eh bei dir.
Ich tappe nur herum auf abfallenden
Kalenderblättern.
Schnee hätte ich mir gewünscht,
nur unter den Schritten, die ich gehe.
Ich hab das Wünschen satt,
das Zählen der Überbleibsel meines Lebens.
Ich will kein Dichter sein,
mitleidig über den Kopf gestreichelt
als Honorar,
ich will mit dem Teufel feilschen über
meine letzten Tage, nicht über
Wortkrücken ungeschriebener Zeilen.
Ich will nicht immer nur in meinem Kopf leben,
will mitten unter den Schreienden sein,
damit ich weiß, welches Glück ich hatte,
nicht unter ihnen zu leben.
Aber immer noch will ich,
dass der Stein, den ich werfe,
zur Lerche wird.

Sirius

Was ist, Sirius? Das Gedicht IST wie ein fulminanter Schrei. Fulminant, gefällt mir sehr gut.

Dieses Vertrakte kenne ich zu gut:

"Ich will nicht immer nur in meinem Kopf leben,
will mitten unter den Schreienden sein,
damit ich weiß, welches Glück ich hatte,
nicht unter ihnen zu sein."

Genau DAS ist das Problem: Das Innenleben ist ein anderes als das Außenleben. Genau DAS ist das Problem: Wie erreiche ich auch nur EINEN Menschen? Immer nur Schweigen statt Schreien, Texten statt Reden. Und Liebe ist eine Krankheit. Und Hass ist tabu.

Ein kleiner Verbesserungsvorschlag, für mein Empfinden:

"Aber immer noch will ich,
dass der Stein, den ich WERFE,
LERCHE wird."

Gefällt mir außerordentlich, weil das aus tiefster Seele kommt.


Jörn

Ja, weegee, das Innenleben ist anders als das Außenleben. Du hast es auf den Punkt gebracht.
Ich danke Dir ganz herzlich und deinen Vorschlag habe ich gleich übernommen.

Sirius

Das Abgelebte ist nicht zu heilen, das ist dir ebenso klar wie mir, Sirius. Doch du wünscht nicht, du willst, dass der Stein eine Lerche wird, und mit diesem Willen wird er zur Lerche werden!

Starke Zeilen!

Liebe Lottegrüße in dein Wochenende

Manchmal, da erscheint das Innenleben wie ein leeres Album, aus dem man fast alle Fotos
verschenkt hat. Aber tief drinnen, da leben immer noch die schönen Bilder, die alten Hoffnungen und Wünsche.
Wieder ein sehr bewegender Text von dir, Sirius, mit einem wunderbaren Abschluss...

Jonny

Lotte und Jonny: Für meine eher durchschnittlichen Zeilen so viel Lob, dafür danke ich euch ganz herzlich!

Sirius

Im Grunde sprichst du mir hier ein bisschen aus der Seele, Sirius.

Starke Zeilen!

Leo