Gutes Leben gibt es nicht mehr
Reinhard Kaiser-Mühlecker gelingt mit „Enteignung“ ein eleganter Roman über den Niedergang auf dem Land.
CHRISTOPH SCHRÖDER
Auf einem seiner Flüge über das Vorgebirge entdeckt der Ich-Erzähler, von dem wir erst sehr spät und ganz nebenbei erfahren, dass er Jan heißt, einen Schriftzug: Auf einem Hügel sind Buchstaben angebracht, in leuchtendem Rot, aus Holz gefertigt. „Enteignet“, so lautet das Wort, das die Buchstaben ergeben; genauso viele Buchstaben, so denkt der Erzähler sich, wie der berühmte Schriftzug, „den ich in Los Angeles so oft gesehen hatte“. Er kreist zweimal, dann fliegt er weiter.
Schon mit dieser kurzen Szene sind mehrere Spuren in Reinhard Kaiser-Mühleckers Buch gelegt. Es ist der mittlerweile siebte Roman des 1982 geborenen Niederösterreichers, und obwohl er sich in den Handlungsorten und auch in der Atmosphäre nicht gravierend von seinen Vorgängern unterscheidet, macht es doch den Eindruck, als habe Kaiser-Mühlecker mit „Enteignung“ noch einmal neu angesetzt; als sei er vieldeutiger geworden in der Plotführung, gleichzeitig zupackender in der Darstellung seiner Figuren, vor allem auch der Frauenfiguren.
Jan ist ein Rückkehrer. Er ist im Ort aufgewachsen und hat nun das Haus seiner Tante geerbt. Der Grund für seine Rückkehr ist eine der vielen Fragen, die der Roman offen lässt oder nur in Andeutungen beantwortet. Der Ich-Erzähler ist Journalist von Beruf; er hat für die großen Blätter gearbeitet, Reportagen geschrieben, ist durch die ganze Welt gereist, um nun beim Lokalblatt seines Heimatortes anzuheuern.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/reinh...r/24121214.html
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