Satzzeichen sind die Verkehrszeichen der Sprache. Sie lenken den Leser.
Es gibt die halbstarken, die starken und die lauten Satzzeichen. Und es gibt die geheimnisvollen. Aber es ist eine Frage des Temperaments, welche man vorzugsweise in seine Texte streut.
Die Welt ist lauter geworden. Man soll ihr nicht entkommen, und deshalb hat sie sich mit Ausrufezeichen eingedeckt. Aus Mails und Foren schreien sie «hier!, hier!» und können von sich gar nicht genug bekommen. Wo man seine Empörungen und Freuden schriftlich an den Adressaten bringen will, dort braucht es typografische Gesten, die jeder versteht. Je mehr Ausrufezeichen, umso lauter.
Der Schauspieler Til Schweiger ist auf seinen sozialen Kanälen der Meister des Ausrufezeichens und bekommt von der «Hamburger Morgenpost» die Schlagzeile «Pack! Ihr kotzt mich an!». Der Boulevard brüllt auch selbst gerne vor sich hin. Er fordert vom Kanzler: «Kanzler, tu was!», und vom Fussballer: «Lothar, halt die Klappe!»
Das Ausrufezeichen ist schnell zur Stelle, wenn jemand Aufmerksamkeit braucht. Es steht am Strassenrand, wenn Gefahr droht. Es sagt: Achtung!, und damit ist die Sache klar. Das Ausrufezeichen lässt nicht mit sich reden wie zum Beispiel das Fragezeichen, das sich vor Unwissen krümmt. Im Gegensatz zum autoritären Tun des einen ist das andere ergebnisoffen. Satzzeichen sind die Verkehrszeichen der Sprache. Sie lenken die Sprache, und sie lenken den Leser.
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https://www.nzz.ch/feuilleton/ausrufezei...r-an-ld.1469813
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