Die Liebe tanzt um eine leere Mitte
Zwei Kammern und zwei Vorhöfe hat ein normales Herz. Ein «Herz mit neun Kammern», wie es Janice Pariats Roman den Titel gibt, müsste also überdurchschnittlich viel Raum für Liebe bieten. Aber in keiner dieser Kammern wohnt die Person, um die es im Buch eigentlich geht.
Wunderbar beginnt dieser Roman. Eine Klasse von Zwölfjährigen soll eine Schneelandschaft malen. Beim Blick auf das Blatt einer widerspenstigen Schülerin fragt der Zeichenlehrer barsch, ob sie je reines Weiss in der Natur gesehen habe. Er tupft ein paar Grau- und Blautöne in ihren Schnee. Am Ende der Stunde gibt sie ein leeres Blatt ab. Auf seine Frage, was das sei, meint sie: «Weisse Vögel, die durch weisse Wolken fliegen.»
Das schwierige Verhältnis zwischen Lehrer und Schülerin ändert sich erst, als er ihr Papier für Faltarbeiten hinlegt. Da entstehen unter ihren geschickten Händen zauberhafte Figuren. Sein Lob löst bei der Schülerin eine Zuneigung und Anhänglichkeit aus, deren Heftigkeit ihn fasziniert und beunruhigt. Als das Schuljahr mit einer Ausstellung endet, überrascht sie ihn mit einem Vorhang aus tausend Kranichen in reinem Weiss, aufgehängt vor einer ins Freie führenden Tür.
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https://www.nzz.ch/feuilleton/die-liebe-...itte-ld.1465025
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