Heftige Angst, heftige Liebe, heftige Mordlust
Der Roman "Saison der Wirbelstürme" von Fernanda Melchor ist mit dem Internationalen Literaturpreis ausgezeichnet worden. Dass er alle überfordert, spricht nur für ihn.
Von Robin Detje
In Berlin ist an diesem Dienstagabend vom Haus der Kulturen der Welt und der Stiftung Elementarteilchen der Internationale Literaturpreis verliehen worden. Dotiert mit 20.000 Euro für die Autorin und 15.000 Euro für die Übersetzerin zeichnet er ein herausragendes Werk internationaler Gegenwartsliteratur und seine Erstübersetzung ins Deutsche aus. In diesem Jahr ging er an die mexikanische Schriftstellerin Fernanda Melchor und ihre deutsche Übersetzerin Angelica Ammar für den Roman "Saison der Wirbelstürme". In der Jury saßen bei dieser elften Ausgabe des Preises der Dramaturg Jens Hillje, der Schriftsteller Tobias Lehmkuhl, die Journalistin Verena Lueken, der Komparatist Daniel Medin, die Lektorin Elisabeth Ruge, die Lyrikerin und Verlegerin Daniela Seel sowie der Autor und Übersetzer Robin Detje. Hier dokumentieren wir Detjes Laudatio auf Melchor und Ammar.
Ich bin überfordert. Alles andere wäre gelogen.
Ich glaube, wir waren in der Jury von der Saison der Wirbelstürme alle überfordert, haben alle gestockt und eine Weile nicht weiterlesen können. Und doch haben wir den Preis mit großer Entschlossenheit an dieses Buch und seine Übersetzung vergeben, gegen wirklich ungewöhnlich starke Konkurrenz.
Das ist vielleicht ein bisschen auch ein Bekenntnis zur Überforderung als literarisches Qualitätskriterium: Was sollen wir denn mit einer Literatur, die uns nicht überfordert? Was haben wir von der Welt in den nächsten Jahrzehnten denn anderes zu erwarten als Überforderung und wie sollte eine Literatur, die uns nicht überfordert, so einer Welt gerecht werden? Warum sollten wir einer Literatur, die uns nicht überfordert, noch vertrauen?
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https://www.zeit.de/kultur/literatur/201...ernanda-melchor
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