"Vater unser": So brillante Debüts wie das von Angela Lehner sind selten
Der Roman erzählt von einer Heldin, die den Vater töten will und in das literarische Gedächtnis eingehen wird Es ist selten, dass man solche Bücher in die Hände bekommt – erst recht solche Debüts. Schon auf den ersten Seiten hat einen Angela Lehners Vater unser für sich eingenommen. In einem ganz eigenen, unverwechselbaren und doch völlig unstilisiert wirkenden Tonfall berichtet die Ich-Erzählerin Eva da, wie sie von der Polizei in das psychiatrische Zentrum Otto-Wagner-Spital (kurz: OWS) gebracht wird. Wie sie ihren Wunsch äußert, etwas zu trinken. "Keine Reaktion. Das ist mir unangenehm. Ich warte eine halbe Stunde und versuche es noch einmal. 'Verzeihung', sag ich, 'Durst.' 'An Durst hat s'', vernehme ich eine Stimme aus der Fahrerkabine. 'Ah, iatz hat s' an Durst?', sagt eine andere. 'Richtig', sag ich, 'einen Durst hab ich.' Die Polizisten bemurmeln sich untereinander. Von vorne höre ich ein 'In Ordnung'. In Ordnung, denke ich mir, ist doch ganz in Ordnung, diese Polizei. Was haben denn immer alle?" Man möchte endlos zitieren, wie diese Eva den Wahnwitz des Alltäglichen beschreibt. Wobei sich sehr bald die Frage stellt, ob dieser Ich-Erzählerin überhaupt zu trauen ist.
Aufgewachsen ist sie in einem tiefkatholischen Kärntner Dorf. Mehrmals taucht das Bildnis Jörg Haiders in Verbindung mit Rosenkränzen auf, das erste Mal in einer Tankstelle auf der Fahrt ins Spital. "'Mein Gott', sag ich, 'sind wir in Kärnten?'" Eingeliefert wird Eva, weil sie behauptet, eine Kindergartenklasse erschossen zu haben. Aber schon die Kinder in ihrer Volksschulklasse wussten: Die Eva lügt immer. Im OWS trifft sie auf ihren jüngeren Bruder Bernhard, schwere Magersucht. Eva behauptet, ihm helfen zu wollen. Bernhard versucht panisch, vor ihr davonzulaufen. Dem Psychiater erzählt sie, dass die Eltern tot sind, der Vater habe sich umgebracht, die Mutter lebe auch nicht mehr. Gleichzeitig verfolgt sie die fixe Idee, man müsse den Vater ermorden, um den Sohn zu retten. Und wieso taucht die Mutter immer wieder im Spital auf?
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