Justiz im Schneckentempo – wie die Politik den Richtermangel aussitzt
Der Pakt für den Rechtsstaat war ein zentrales Vorhaben im Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU. Der Stellenabbau bei Richtern und Staatsanwälten in den letzten 10 bis 15 Jahren führt zu langen Verfahrensdauern, Deals mit den Angeklagten, Bewährungs- statt Haftstrafen. Und scheinbar landet der eine oder andere Fall sogar bei Amtsgerichten, weil Landgerichte überlastet sind. Daran soll sich eigentlich etwas ändern: durch 2000 neue Stellen für Richter/innen und Staatsanwält/innen. Doch es kommt nicht so, wie sich das viele erhofft haben.
Trotz Millionenschaden Verfahren nur vor dem Amtsgericht
Im Januar begann im Justizzentrum Gera der Prozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer einer Bauträgerfirma. Betrug und Insolvenzverschleppung lauten die Vorwürfe. Er soll für einen Millionenschaden verantwortlich sein, Bauherren und Handwerksbetriebe geschädigt haben. Rechnungen wurden nicht bezahlt, Häuser nicht zu Ende gebaut. Viele Geschädigte verfolgen das Gerichtsverfahren. Teilweise liegen die Taten schon acht Jahre zurück. "Ich bin erst mal enttäuscht, dass es so lange gedauert hat, bis Bewegung in das Ganze gekommen ist. Und dass so viele Anklagepunkte gar nicht berücksichtigt worden sind", sagt Hans Teutsch, ein geschädigter Bauherr.
Er hatte 2011 den Bauvertrag für ein Eigenheim abgeschlossen. Was er damals nicht wusste: Die Abschlagszahlungen für den Rohbau waren überhöht. Und der stand dann erst nach einem Jahr, mit zahlreichen Mängeln. "Der Rohbau hat uns knapp 200.000 Euro gekostet. Doch der Rohbau mit den ganzen Mängeln hatte laut einem Gutachten einen Gegenstandswert von 100.000 Euro."
Also hatte er 100.000 Euro zu viel bezahlt. Das war offenbar Masche, denn so erging es vielen Bauherren. Zudem wurde häufig auch der Innenausbau teurer. Denn viele Handwerker wurden kaum noch bezahlt.
Trotz eines Millionenschadens muss sich der ehemalige Geschäftsführer nur vor einem Amtsgericht verantworten. Dort droht ihm vom Gesetz her eine geringere Strafe als vor einer Strafkammer eines Landgerichts. Bereits 2013 beginnen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Die erhebt schließlich im Mai 2015 eine umfangreiche Anklage in 23 Fällen: 22 Mal Betrug sowie Insolvenzverschleppung lauten die Vorwürfe. Doch die zentrale Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Mühlhausen entscheidet zwei Jahre nicht über die Zulassung der Anklage. Der Grund: Der Vorsitzende Richter geht in Pension, einen neuen gibt es noch nicht. Die Justizverwaltung hatte die Stelle zu spät ausgeschrieben.
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