„Brüder“: Die dunklen Kinder der DDR
Jackie Thomae erzählt großartig nonchalant in einem zweigeteilten Roman von zwei ostdeutschen Brüdern, die nur den unbekannten senegalesischen Vater gemeinsam haben.
Kurz, nur ganz kurz ist man versucht zu denken: Und wieder ein Damals-war-Berlin-so-cool-Roman. „Wieso“, beginnt Jackie Thomae, „fragte Mick sich viele Jahre später, verschwammen die Neunziger in seiner Erinnerung zu einem konturlosen Nebel, obwohl es sein erstes Jahrzehnt als Erwachsener war? Wenn er sich hineinzoomte in diesen Nebel, der sich als Disconebel herausstellte, obwohl man schon lange nicht mehr Disco sagte, dann sah er, dass doch eigentlich viel Bemerkenswertes passiert war.“
Und dann zoomt Jackie Thomae hinein in diesen Nebel und richtet den Scheinwerfer auf Mick, einen unentschlossenen Tagträumer, der durch die Nächte mäandert, keine Entscheidung trifft und ganz nebenbei mit seinem Club gutes Geld macht. Und man liest gerne weiter. „Der Mitreisende“ betitelt Thomae diesen ersten Teil von „Brüder“. Mick, das war „der, dessen Gesicht auf den Klassenfotos nicht weiß, sondern einen Ton dunkler war, also hellgrau, denn die Fotos waren schwarzweiß“. Der glücklich ist, als er Desmond trifft, etwas älter, etwas dunkler und als Amerikaner „mit einem natürlichen Vorsprung an Coolness ausgestattet“. Mick ist der, der Vinyl aufkauft und Musikkritiken schreibt, der sich als Drogenkurier anheuern lässt, der aus allem irgendwie wieder herauskommt, der mit seiner Freundin aus Bequemlichkeit zusammen ist, der regelmäßig einfach untertaucht.
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