"Ein Mann seiner Klasse"
Prekär in Kaiserslautern
Ist er ein deutscher Didier Eribon? Christian Barons Debütroman "Ein Mann seiner Klasse" erzählt von einer Herkunft aus der Unterschicht
Gewalt und Scham spielen in Christian Barons autobiografischem Roman Ein Mann seiner Klasse eine wichtige Rolle. Die Scham über die erfahrene Gewalt demütigt mehr als diese selbst. Letztere kann man in sich reinfressen und wegdrücken, die Scham aber bringt die Außenwelt ins Spiel: dass man in den Augen der anderen als asozial gilt.
Gewalt ist in Barons Herkunftswelt etwas, das jederzeit ausbrechen kann, wenn der Vater besoffen nach Hause torkelt – sie gleicht einem Gewitter, bei dem man auch nicht nach den Gründen fragt, sondern es abregnen lässt. Am schlimmsten ist es, wenn die Kinder schon im Bett liegen, aber hören müssen, wie der Kopf ihrer Mutter gegen die Wand knallt. Dann vergräbt der kleine Christian seinen Kopf unterm Kissen, um möglichst wenig mitzubekommen. Wie der Nachbar von oben drüber, der sich immer, wenn er im Treppenhaus an der Wohnung von Christians Eltern vorbeigeht, einen Walkman aufsetzt.
Einmal holt Onkel Ralf Christian und seinen Bruder Benny mit dem Auto, einem Ford Taunus, ab, es soll eine Überraschungstour zum Holiday Park werden. Alle sind in Hochstimmung. Onkel Ralf hat seine Lieblings-CD mit dem Titel Gröööhl! eingelegt, raucht und singt bei geöffneten Fenstern alle Sauflieder mit. Es herrscht Hochstimmung, auch die Kinder strecken die Köpfe durch die Fenster in den Fahrtwind. Der Ausflug mit dem Onkel ist Urlaub von der Gewalt zu Hause. Doch wenn sie an den Ampeln stoppen, versinkt Christian im Sitz, er möchte nicht von einer Lehrerin, die zufällig des Weges kommen könnte, gesehen werden.
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https://www.zeit.de/2020/06/ein-mann-sei...t-buchrezension
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