Bundesregierung ohne Angebot für Beschäftigte, mit neuen Milliarden für den Krieg
Klasse gegen Klasse
Nur einen Tag mussten ver.di und EVG gemeinsam streiken, um Karin Welge, Präsidentin der kommunalen Arbeitergeberverbände, „ein bisschen sauer“ zu machen. Das Streikrecht werde „inflationär ausgereizt“, das sei „nicht der Verhandlungston, den wir pflegen“, so Welge. Für den angemessenen Ton sorgte dann ihre Parteifreundin und Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Nach dem Scheitern der Verhandlungsrunde im Tarifkampf des Öffentlichen Dienstes fabulierte sie darüber, dass hier nicht über irgendwelches Geld, sondern über – Obacht! – Steuergeld verhandelt werde. Das erfordere eine besondere „Verantwortung“.
Nach Jahren der zunehmenden Arbeitsverdichtung kämpfen die Kolleginnen und Kollegen um einen Inflationsausgleich. Sie wollen nicht draufzahlen für eine Krise, an der sie keine Schuld tragen. Faesers Steuergeld-Gerede ist eine Beleidigung für all jene, die vor einigen Monaten noch beklatscht und bejubelt wurden. Was wurde nicht alles versprochen: mehr Personal, nicht nur für Krankenhäuser, sondern auch für Gesundheitsämter und Sozialdienste. Kaum dass die angekündigten Verbesserungen für einen Teil von ihnen konkret werden könnten, wird die nächste Schleife gedreht. Im Tarifkampf weicht das Versprechen der Verachtung. Die Innenministerin weckt alte Vorurteile, wenn sie so tut, als wären die Steuereinnahmen zu schade, um sie mit dem am Limit arbeitenden Personal zu teilen. Das geschieht im Einklang mit den Kommunalverbänden, die schon seit Monaten auf die Tränendrüse drücken und behaupten, dass die vollkommen angemessenen ver.di-Forderungen mehr als 15 Milliarden Euro kosten würden – eine Summe, die offenbar Eindruck machen soll.
Was dem bürgerlichen Staat als „Arbeitgeber“ viel zu hoch erscheint, ist für den Staat als Waffenschieber viel zu wenig. Fast zeitgleich mit dem Scheitern der Tarifrunde beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages, zusätzliche 12 Milliarden Euro für Waffenlieferungen an die Ukraine bereitzustellen – ganz ohne Streik, ohne Tränen und ohne größere Diskussion. „Der Haushaltsausschuss ist sehr kooperativ und hilfreich“, kommentierte Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) den Beschluss in der „Welt am Sonntag“. Offenbar noch nicht hilfreich genug, denn der Minister kündigte im gleichen Interview an, bis zum Jahr 2025 das 2-Prozent-Ziel der NATO erreichen zu wollen. Um weitere 10 Milliarden Euro soll der Rüstungsetat allein im kommenden Jahr steigen. Zudem deutete Pistorius an, den Zustimmungsvorbehalt des Haushaltsausschusses aufweichen zu wollen, der derzeit jeder Beschaffung über 25 Millionen Euro zustimmen muss. Auch klaglose Kooperation wird die parlamentarische Kontrolle nicht retten, wenn nach dem Kriegshaushalt die Kriegswirtschaft vorbereitet wird.
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