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Mohsin Hamid: Der letzte weisse Mann

#1 von Sirius , 02.01.2023 17:16

Mohsin Hamid: Der letzte weisse Mann

Ein Weisser wacht auf, ist auf einmal schwarz und merkt: So also sieht einen die Welt an, wenn man anders ist
In seinem Roman «Der letzte weisse Mann» denkt der pakistanische Autor Mohsin Hamid über Hautfarbe und Identität nach. Der Plot ist grandios, und die Versuchsanlage erinnert an Kafkas «Verwandlung».
Anders ist ein weisser Mann. Bis er eines Morgens aufwacht und bemerkt, dass sich seine Haut über Nacht dunkel gefärbt hat. Anders’ erste Reaktion ist Wut auf den schwarzen Fremden, der ihm aus dem Spiegel entgegensieht. Dann gerät er in Panik.

Im Supermarkt hat er Angst, seine Kreditkarte zu verwenden, er meint, in den Blicken der anderen Feindseligkeit zu entdecken, und in dem Fitnesscenter, in dem er arbeitet, erklärt sein Chef ihm rundheraus, dass er sich, wäre ihm das passiert, umgebracht hätte. Nur Oona, die gelegentliche Geliebte, sieht seine Verwandlung als Chance für einen Neubeginn: «Vielleicht weil Anders nicht mehr aussah wie Anders, betrachtete sie ihre Beziehung mit anderen Augen, oder vielleicht weil Anders noch immer Anders war, egal wie er aussah, sie sah den Anders in ihm deutlicher, warum auch immer.»
Es ist ein beklemmendes Szenario, das Mohsin Hamid in seinem Roman «Der letzte weisse Mann» skizziert: die Erfahrung, unvermittelt nicht mehr der zu sein, der man zu sein glaubt. Plötzlich als ein anderer wahrgenommen zu werden. Eine Erfahrung, die Hamid nach den Anschlägen vom 11. September 2001 selbst gemacht hat.

«Ich hatte 18 Jahre in den USA gelebt», erzählt der pakistanische Schriftsteller. «Mir war bewusst, dass es Diskriminierung gab, aber ich nahm sie nicht wichtig.» Das änderte sich, als die Flugzeuge in die Zwillingstürme einschlugen: «Plötzlich wurde ich am Flughafen extra durchleuchtet, ich musste bei der Einreise in die USA stundenlang warten, und wenn ich am Wochenende mit Rucksack und ohne mich rasiert zu haben, den Bus nahm, setzten sich manche Leute weg. Ich hatte mich nicht verändert, aber die Art, wie die Menschen mich sahen, veränderte sich.»Hamid begann, über Hautfarbe nachzudenken, über Gruppen und Zugehörigkeit, über die Kluft zwischen dem eigenen Sein und der Wahrnehmung der anderen. Gedanken, die sich nach und nach verdichteten und zu einem Roman führten, der eindringlich und unprätentiös von einer Verwandlung erzählt, die nicht umsonst ein wenig an Kafka erinnert, wenn sie auch in eine andere Richtung führt. Denn während der unglückliche Gregor Samsa jede Verbindung zur Gesellschaft verliert und schliesslich zugrunde geht, zielt Mohsin Hamid auf das Gegenteil ab: «Mir geht es um die Frage, wie man eine gespaltene Gemeinschaft wieder vereinen kann. Mein Roman beginnt in einer Welt, in der wir alle unterschiedliche Sorten von Käfern sind, und er erzählt davon, wie wir wieder zu einer Spezies werden können.»

Weiterlesen:

https://www.nzz.ch/feuilleton/mohsin-ham...mann-ld.1704204


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Sirius
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