Mohsin Hamid: Der letzte weiße Mann
In Mohsin Hamids Roman "Der letzte weiße Mann" werden Menschen über Nacht dunkelhäutig, bis die Weißen eine kaum noch auszumachende Minderheit sind. Ein anregendes Gedankenspiel.
Der Autor Mohsin Hamid stammt aus dem pakistanischen Lahore. In den USA hat er Jura und Literatur studiert. Heute lebt und arbeitet er zwischen London und Pakistan. Er gilt als einer der interessantesten Autoren der Gegenwart. Seine Romane setzen sich meist mit dem Verhältnis zwischen globalem Osten und Westen auseinander. Jetzt ist sein neuer Roman auf Deutsch erschienen.
Es beginnt mit einer Verwandlung im Kafka-Stil:
Eines Morgens wachte Anders, ein weißer Mann, auf und stellte fest, dass seine Haut sich unleugbar tiefbraun gefärbt hatte.
Anders meldet sich krank, will die Wohnung nicht mehr verlassen. Doch irgendwann ist der Kühlschrank leer. Er muss einkaufen gehen und erfahren, wie es ist, in einer weißen Gesellschaft dunkelhäutig zu sein. Anders fühlt sich beobachtet, verdächtigt, kritisch beäugt. Mohsin Hamid hat das selbst erlebt. Nach den Anschlägen vom 11. September habe er seinen Status als "teilweise Weißer" verloren - so beschreibt der pakistanische Autor es selbst. Auf einmal wurde er öfter kontrolliert, stundenlang am Flughafen aufgehalten und ihm wurde klar, was die Vorstellungen von Volkszugehörigkeiten mit Menschen machen.
Der Protagonist im Roman zweifelt an seiner Identität.
Als Anders ins Auto stieg, kam ihm der Gedanke, dass die Leute, die er gesehen hatte, alle weiß waren und er vielleicht paranoid war und in manchen Gesten eine Bedeutung las, die sie gar nicht hatten, und an der nächsten Ampel schaute er in den Rückspiegel und suchte in seinem Blick nach etwas Weißem, irgendwo musste es doch sein, vielleicht in seinem Gesichtsausdruck, aber da war nichts, und je länger er hinsah, desto weniger weiß kam er sich vor, als wäre das Suchen danach das genaue Gegenteil von Weißsein, als rückte es dadurch nur noch weiter weg, es ließ ihn verzweifelt wirken, unsicher, so als gehörte er nicht hierher (...).
Hamid erzählt oft ganze Geschichten und komplexe Gedankengänge in einem Satz. Doch seine Sprache ist sehr präzise und von einer schlichten Eleganz, sodass man der Erzählung mühelos und auch gerne folgt. Als der plötzlich dunkelhäutige Anders zu seiner Arbeitsstelle in einem Fitnessstudio zurückkehrt, sagt ihm sein Chef, wenn ihm eine solche Verwandlung passiert wäre, hätte er sich umgebracht.
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