Dana Spiotta: Unberechenbar
Ein neuer Verlag, ein Neuanfang im Roman: Dana Spiotta erzählt in „Unberechenbar“ von einer Frau Anfang Fünfzig, die ihr Leben radikal umkrempelt. Ein großes, vielleicht gar ein verhextes Thema.
Das Cover-Bild zeigt einen Sprung ins Wasser, der Titel lautet „Unberechenbar“: Sinnträchtiger lässt sich ein Neuanfang im Buchgeschäft nicht inszenieren. Ein neuer Verlag geht an den Start mit großen ökologischen wie inhaltlichen Vorsätzen, die uns das Editorial erklärt. Bücher, die berühren und „die Kraft haben, etwas zu verändern“, will er in die Welt bringen, und das komplett rückstandsfrei. So erläutern uns die Gründer Lars Claßen, vormals Programmleiter bei dtv, und Flo Keck ihr Projekt: Man könne ihre Bücher getrost in die Erde legen, dort würden sie vollständig ohne Schadstoffrückstände zu Erde werden.
Gleichwohl ist Kompostierung, wie Claßen noch zur Sicherheit hinzufügt, nicht der wünschenswerte Weg. Auch Bücher des Kjona-Verlags werden zur Lektüre produziert und wollen als Medien „der Entschleunigung, Empathiebildung und Aufklärung“ überzeugen. Und als Eröffnungstitel für dieses ansprechende Programm hat der Verlag den Gegenwartsroman der amerikanischen Autorin Dana Spiotta, 2021 erstmals erschienen, gewiss nicht ohne Hintersinn gewählt.
Auch „Unberechenbar“ erzählt von einem großen Neuanfang. Die Mittelklasseheldin namens Sam ist Anfang fünfzig und krempelt ihr Leben von einem auf den anderen Tag radikal um. Sie lebt in Syracuse im Staat New York ein weitgehend erschütterungsfreies Leben: der Wohlstand gesichert, der Gatte verständig, die Tochter pubertär und eigensinnig, in der Schule aber strebsam und erfolgreich. Da entschließt sich Sam mit einem Mal aus Gründen, die ihr selbst nicht recht bewusst sind, zum Kauf eines einst prachtvollen, doch längst verfallenen Bungalows in einer anrüchigen Downtown-Gegend. Fast magisch fühlt Sam sich davon angezogen: „Sie würde in das baufällige Haus in der Innenstadt ziehen, das ungeliebte, vergessene Haus mit Blick auf die ungeliebte, vergessene Stadt. Warum? Weil nur sie seine Schönheit erkannte. Es war für sie geschaffen. Sie konnte – durfte – nicht widerstehen. Ein Ja zu dieser Version ihres Lebens bedeutete ein Nein zu der anderen.“
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