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Proleten und Bildungsferne

#1 von Karl Ludwig , 25.02.2020 11:24

Es ist wirklich nicht so, dass ich mich nur mit gebildeten, kultivierten Menschen unterhalte. Davon gibt es ja kaum noch welche. Nein, in meinem Bekanntenkreis befinden sich viele Leute, die man getrost dem Salz der Erde zuordnen kann, schlicht gestrickte Personen, welche die intellektuelle und ethische Luft nach oben gar nicht nutzen wollen.

Mich verblüfft der Stolz auf diese, oft mit Feuerwasser marinierte Dummheit, tatsächlich immer wieder aufs Neue: 'Die Ausländer nehmen uns die Jobs weg', wahlweise: 'Die leben hier alle auf unsere Kosten.' Und dann hört man die latente Sehnsucht nach jemanden heraus, der all diese Ärgernisse aus der Welt schafft.

Hier in der Gegend hält man mich für einen (nicht als Kompliment gemeinten) Denker, dabei habe ich jahrelang als Tischler gearbeitet. Gedacht allerdings hatte ich meistens dabei: 'Quatscht mich nicht mit Bildzeitung zu. Eure Autos interessieren mich auch nicht. Und der ordinäre Sexismus in den Aufenthaltsräumen stört meine romantische Seele, die lieber bei Kerzenlicht und ganz viel in die Augen gucken fickt. Ich nämlich suche gerne nach Worten, die sich mögen und, wenn es geht, auch reimen. Und nach Tönen, die zu einander passen'.

Ich bin nicht stolz auf meine Viertelbildung, sie hat mir bloß klar gemacht, wie wenig ich doch weiß. Doch auf das, was da nur wenig weiß, bin ich auch nicht stolz (Stolz macht mich die Hoffnung, halbwegs gegen Indoktrination immun zu sein).

Meinungen im Multiple-Choice: 'Bitte anklicken'. Bloß nicht das Kästchen, welches mit 'Eigene' beschriftet ist.

Wo ist: 'Noch keine'? Oder: 'Lasst mich mit diesem Quatsch in Ruhe'?

Verständnis simulierend muss ich noch hinzufügen: Moral, Integrität, Souveränität, Ethik, Zivilcourage, der Kant'sche Imperativ usw. haben mich auch erst interessiert, als ich dem Familienleben entwischt war (Haben die Frauen für mich erledigt. Gleich zwei mal. Dafür gibt es ein ehrlich gemeintes: Danke schön! Auch für die tollen Kinder. Ich selber hätte mich nicht getraut, die Axt quer zu halten). Erst als Einzelgänger konnte ich mich – ewig strebend und hemmungslos schnorchelnd – bemühen, den Ursprung meiner Überlegungen herausfinden zu wollen. Vorher war da zu viel Normalität, Alltag und es allen Recht machen wollen. 20 Jahre lang dem genetischen Imperativ zu folgen bedeutet: Amöbenkeskes Funktionieren und symbiotische Abhängigkeit statt systematisches Abhängen.

Das intellektuelle Subproletariat ist an einfachen Erklärungen interessiert, Gedankentiefe könnte sich da nur störend auswirken. Da fragt sich keiner: „Wieso denn alle im Gleichschritt marschieren und die Brücke der Toleranz zwischen den Menschen in Schwingungen versetzen, bis diese zusammenbricht?“

Gotteskrieger oder die Kulturrevolution in China haben/hatten ja auch das Bildungsbürgertum als Ursache allen Übels auf dem Kieker. Nur mal so aus dem Zusammenhang gerissen.

Ich lamentiere noch weiter: Selbst Bildung nutzt nur wenig, wenn dem klaren Denken ein starker Ego im Wege steht. Ein Bekannter, Elektroingenieur, erfolgreich als Unternehmer, hat nie das drei Ziegenproblem verstehen wollen: „Ganz klar, die Wahrscheinlichkeit bleibt bei 1/3, Türwechsel bringt nichts. Ich verstehe was von Stochastik.“

https://www.youtube.com/watch?v=ncKq88lKs2s

Wie viele, damals Erwachsene in meinen Augen, haben sich vor mir disqualifiziert, indem sie Müll erzählten – ich leide immer noch darunter; allerdings nur ein wenig. Meine Sekundärpersönlichkeiten filtern das Meiste davon raus.

Ich hoffe Euch mit dieser gesellschaftskritischen Offenbarung im Rahmen meiner Multinarzistik, bei einer weiteren Sinnfindung behilflich gewesen zu sein. Mir hat es jedenfalls nicht geschadet.


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zuletzt bearbeitet 25.02.2020 | Top

RE: Proleten und Bildungsferne

#2 von Sirius , 25.02.2020 12:57

Nun, beim Ziegenproblem gewinne ich immer, weil ich lieber eine Ziege als das Auto hätte. Damit untergrabe ich die Wahrscheinlichkeitstheorie, weil ich das Argument Gier ausschließen kann. Gewinne ich das Auto, verkaufe ich es und kaufe mir davon zwei Ziegen. Es sei denn, Erdogan zahlt für eine Ziege mehr als das Auto wert ist.
Manche Probleme lösen sich einfach, indem man sie ganz anders angeht, anstatt sie Jahrzehnte auszudiskutieren.
Und nun haben wir auch den romantischen Karl-Ludwig kennengelernt, der bei säuselndem Kerzenlicht gerne mal einen ausguckt und dabei feststellt, dass „Bett“ auf „fett“ sich nicht reimt.

Ich für mein kleines Beispiel diskutiere am liebsten mit Ziegen, vermeide aber den direkten Blick, weil mich das unentwegte Kauen nervt. Rein statistisch erhalte ich nämlich für meine Argumente wesentlich mehr Zustimmung als gegenüber einer blöden Kuh (Achtung Wortspiel). Denn die Wahrscheinlichkeit sagt, wenn ich mich mit zwei Ziegen und einer blöden Kuh unterhalte, beträgt die Zustimmung 2:1, weil nämlich Ziegen immer gleicher Meinung sind. Soviel zur Bildung im suboptimalen Bereich.
Du bist also ein Denker. Wenn du nicht denkst, schreibst du. Du kannst sogar beides gleichzeitig und wahrscheinlich auch in der richtigen Reihenfolge. Allerdings wirst du auch gecoacht von Elefanten und sonstigen uns überlegenen Gestalten, während ich nur einen Wichtel und die Apotheken-Rundschau habe.

Darum schreibst du die schlauen Sachen und ich nur die blöden Kommentare!

Sirius


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RE: Proleten und Bildungsferne

#3 von scrabblix , 25.02.2020 21:15

Ja, du schreibst schlaue Sachen, Karl-Ludwig und nein, du schreibst mitnichten blöde Kommentare, Sirius!

Wenn es eure herrlichen Wortgeplänkel nicht schon gäbe, müssten sie erfunden werden. Ich zumindest habe mich wieder köstlich amüsiert.

Liebe Lottegrüße


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