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Wie ich die Welt erneut rettete.

#1 von Karl Ludwig , 17.05.2020 15:51

Eine gesalbte, fettig tragende Stimme mit Hall holt mich aus dem rituellen Koma: „So vernehme denn SEINEN Beschluss! Die letzte Schlacht zwischen Gut und Böse, auch unter dem Namen Apokalypse und Armageddon bekannt, wird heute ausgetragen. Und zwar in deiner Wohnung. Mein Name ist Metatron, und ich bin SEIN Public Relations Manager.“ (Sphärenklänge, Halleluja usw.)

„?“

„Erzengel Mike (Er meint Michael) und der Höllenfürst Sam (Samael) treffen sich gleich, um Ihre Kräfte zu messen. Der Gewinner bekommt die Seelen aller Menschen, ja, auch deine.“

„?“

„Geht gleich los.“

Misstrauisch betrachte ich das leere Glas und frage mich, ob der letzte Schluck womöglich mit irgend einem Halluzinogen versetzt war. Auf der Treppe wiehert etwas. Durch den Wohnungseingang dringen Rauch und Nebelschwaden. Es riecht nach Verdammnis und heißem Kupfer. Vier Pferde kommen durch die Tür getrabt, geritten von extrem hässlichen Reitern. Ich erkenne sie sofort: A.Dürer und H.Bosch hatten sie einst auf Leinwand gepinselt, sie jedoch viel zu niedlich dargestellt.

„Das sind die apokalyptischen Reiter. Du weißt schon: Pest, Krieg, Hunger und Tod. In dieser Reihenfolge. Als Zeugen und um Mike den unmoralischen Rücken zu stärken.“

„?“

„Auf der anderen Seite gibt es Gabriel, Raphael, Uriel und Herbert. Der letztgenannte findet in keinen Apokryphen Erwähnung, und zwar aus gutem Grund.“

„?“

„Herbert hatte nämlich damals sein Flammenschwert verloren und fiel deswegen der selektiven Vergessenheit anheim. Der Zorn des Allmächtigen kann manchmal ziemlich, äh, allmächtig sein. Außerdem hat Herbert keinen Namen, der auf '... el' endet. Er wurde nur rekrutiert, damit das kosmische Gleichgewicht gewahrt bleibt. Vier Beisitzer für jede Seite.“

„?“

Jetzt fragt sich der kluge Leser natürlich: Und die sollen alle in eine 60 qm Wohnung passen? Nun, für Dämonen und astralen Wesen sind diese ganzen Dimensionen bloß unverbindliche Empfehlungen einer Wirklichkeit, die sich ihnen als beliebig formbare Knetmasse darstellt. Auf den Rängen sitzen außerdem Myriaden Teufel und Engel, streng in Blöcke aufgeteilt, strecken sich gegenseitig die Zungen raus und werfen mit bösen Blicken um sich.

Ganymedes verteilt Manna und Ambrosia aus seinem Bauchladen heraus. Michael und Samael beziehen ihre Rednerpulte (Beide waren ja schon am achten Tag der Schöpfung an der Vertreibung aus dem Paradies beteiligt. Sind also chronische, Lebensqualle zerstörende Mächte). Jeder hat ein Manuskript dabei, welches nun aus dem Halfter gezückt wird.

Metatron flüstert mir zu: „Das letzte Gefecht findet als rhetorisches Spektakel statt. Hatte seine Unerklärbarkeit so beschlossen und der Teufel ließ die Widerspruchsfrist verstreichen. Vermutlich mit Absicht.“

„?“

„Von oben guckt Gott zu, von unten Satan. Die Chefs machen sich doch nicht selber lächerlich. Achtung!“

Boing! (Trompete mit Identitätsproblemen)

„Wir werden natürlich gewinnen!“ Michael hebt die Schwingen wie ein Sieger. Buhrufe von den Teufeln.

„Du willst doch gar nicht, dass ihr gewinnt.“ Buhrufe von den Engeln.

Michael ist baff und ihm fällt erst einmal wenig dazu ein:

„Und warum nicht?“, ist seine schlappe Erwiderung.

„Hör mal. Ihr könnt vielleicht Lobgesänge und Harfe, aber wir haben Rock'N'Roll und die besten Tänzer: M.Jackson, F.Astaire, G.Rogers, S.Temple und all die anderen.“

Ein weiterer Punkt für die Dunkle Seite.

„Aber nach unserem Sieg …“

„ … der höchst unwahrscheinlich ist …“

„ …wird alles viel besser. Dann gibt es nur noch die Guten und Frieden auf Erden, nebst ewiges Wandeln in SEINER Gnade und so.“

„Hört sich echt aufregend an. Fragen wir mal einen Menschen. Hey, Karl-Ludwig, wo möchtest du hin? Himmel oder Hölle?“

„Bin ich nicht schon da?“

„Dazwischen.“

„Gut. Also, ich glaube, die Langeweile im Himmel kann genau so ermüden, wie die Aufregung in der Hölle. Außerdem dachte ich immer, das Ende der Welt kommt mit Meeren von Blut und rückwärts fliegenden Gänsen einher. Statt dessen muss ich mir eine bescheuerte Diskussion anhören. Soweit ich aber diese Angelegenheit verstehe, ist es gar nicht nötig alles in Klump zu hauen, nur um zu beweisen, dass man gute Arbeit geleistet hat. Wir schätzen euch auch ohne Super-GAU, besonders immer dann, wenn ihr euch raus haltet. Ich schlage vor, ihr verschiebt eure Diskussion auf einen späteren Termin.“

„Aber Seine Unerfindlichkeit …“

„Ach, hör doch auf. Das ist alles in SEINEM großen Plan enthalten. Und wenn nicht, wird es sofort zum Teil davon. Ja, der Alte kennt alle Tricks.“

Und so kam es, dass die Welt gerettet wurde. Hoffentlich macht man mir deswegen keine Vorwürfe.


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RE: Wie ich die Welt erneut rettete.

#2 von Sirius , 18.05.2020 18:19

Ich hoffe, du hattest keinen akuten Rückfall, Karl-Ludwig. Und Vorwürfe kommen von mir auch nicht, solange sich alle Auswirkungen einer Apokalypse auf dein Wohnzimmer beziehen.
Ansonsten weiß ich auch nicht, wer momentan gerade das Sagen hat, weil ja in beiden Lagern die Bekloppten regieren.
Aber darum geht es ja auch gar nicht, weil du einfach eine umwerfende, lustige Geschichte geschrieben hast, dazu noch eng an die gegenwärtige Realität angesiedelt, man muss nur die Namen austauschen.
Mich hast du also begeistert, und die Geschichte werde ich noch öfter lesen!

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RE: Wie ich die Welt erneut rettete.

#3 von Karl Ludwig , 18.05.2020 18:28

Nix Rückfall. Die Ärztin hat mir allerdings etwas Tillidin verschrieben, wegen meiner Speicheldrüsenentzündung.

Ich musste mich echt zwingen wieder mal etwas zu Papier, bzw. zur Tastatur zu bringen.

Mein Rechner geht gerade kaputt. Abgesehen davon, dass ich mir keinen besseren leisten kann, weiß ich meine LoginDaten bei Hotmail nicht mehr.

Danke für Deinen Kommentar. Ich selber finde allerdings, dass ich hätte mehr rauskitzeln können.


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