Matratze und Zigaretten
Mary Gaitskill schreibt in ihren Kurzgeschichten über junge, traurige Frauen – und über Männer, die alles noch trauriger machen.
Eine Rezension von Antonia Baum
Befasst man sich ein wenig mit der Rezeption der Shortstory-Sammlung Bad Behaviour von Mary Gaitskill, also jenem Buch, das inzwischen als moderner "cult classic" (Guardian) gilt und mit dem die amerikanische Schriftstellerin in den späten 1980er-Jahren debütierte und bekannt wurde – befasst man sich also ein wenig damit, wie dieses Buch heute, nachdem es in Deutschland wieder aufgelegt wurde, gelesen wird, dann liest man Folgendes immer wieder: nämlich erstens, dass Gaitskill heute ein Vorbild für eine junge Generation von Autorinnen sei. Und, zweitens, wie angenehm komplex und nicht-didaktisch es Gaitskill gelinge, die ganze Bandbreite von Abhängigkeiten und Widersprüchen abzubilden, die entstehen, wenn Frauen versuchen, unter modernen Bedingungen einigermaßen heil davonzukommen, das heißt zu existieren.
Im Zentrum dieser Texte stehen meist junge, traurige oder zumindest völlig ratlose Frauen, die in schmutzigen amerikanischen Großstädten leben, die Malerinnen oder Schriftstellerinnen oder Schauspielerinnen werden wollen und dabei Beziehungen führen, die sie noch unglücklicher machen, als sie ohnehin sind. Den lakonischen Sound dieser Erzählungen kann man sich stimmungsmäßig am besten vorstellen, wenn man an Neonlicht, eine Lagerhalle und wenig Geld denkt, an Matratzen auf dem Boden, zu viele Zigaretten und an einen Mann, den man vor langer Zeit einmal in dieser Lagerhalle getroffen hat und der, um Verletzungen zu vermeiden, mit Zuwendung sehr geizig war, was man sich dann vornahm, ebenfalls zu tun (hat sich also seit Erscheinen des Buches wirklich nichts geändert).
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https://www.zeit.de/2020/23/bad-behaviou...traurige-frauen
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