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RE: Die Wahrheit Qua Wiederholung

#1 von Karl Ludwig , 10.02.2016 03:49

„Ich bin kein Philosoph!“

Die, diese Aussage beinhaltende Dichotomie macht mir überhaupt nichts aus. Alleine schon, wenn sich hier jemand auf diese Weise vorstellt, seine Identität, meinetwegen auch über ihre Negation definiert, sich irgendwie also doch verortet, tja, dann kommt er bald auch nicht umhin über das Wesen des Seins an und für sich nach zu denken – und dann hilft nur noch ein Flammenwerfer. Ha! Mir doch Wumpe!

„Ich bin kein Philosoph!“


Ich las keinen Epikur, Kant, Platon oder Spinoza. Ich las lieber Karl May, jaja, Asche auf mein Haupt. Heyerdal, Durchs verbotene Tibet. Ich las und träumte. Von China, Afrika, den Pampas, Indien…

Oh, Kara Ben Nemsi, Robinson Cruso, Kon Tiki, Cyrano de Bergerac, Don Qichote und Simpel Simplizissimus, höret Mea Culpa: Ich habe euch verraten! Mein wahrer Held hieß nämlich Sokrates. Er war in Wirklichkeit mein heimliches Idol und Vorbild. Doch davon wusste er nichts. Ich allerdings selber auch jahrelang nichts. Äonen trennen unsere Bekanntschaft und ich kann wohl froh sein, ihm auch nie begegnet zu sein. Als geborener Disputant hätte ich ihn sofort nach seinen eigenen Maximen befragt, noch bevor er überhaupt Gelegenheit gehabt hätte, meine eigenen Axiome ins Lächerliche zu ziehen und als engstirnige Vorurteile zu demaskieren.

Und ich wäre grandios gescheitert. Wetten?

„Warum, zum Beispiel…“ so hätte ich angefangen. „…hast du Apollons Geschenk einer rhetorischen Meisterschaft in Sachen Verunsicherung nicht bei den Athenern während des Verfahrens eingesetzt, bis diese Knallköpfe unter Tränen eingestanden hätten, nicht legitimiert zu sein überhaupt zu beurteilen, geschweige denn zu verurteilen. Diese Sache mit dem Schierlingsbecher, die verzeihe ich dir nie. Und deine Argumente waren nur Anzeichen eines Märtyrerkomplexes. Ich schreibe es laut hierhin, selbst wenn du mich nicht mehr hörst: Niemand ist verpflichtet, aus überflüssigem Prinzip heraus (ausgerechnet du, der Prinzipien nur für aufgehübschte Vorurteile hieltest!) einer beknackten Überzeugung zu folgen und gegen das Gebot Nr.1 (Selbsterhalt) zu verstoßen. Die Athener haben dich damit zwar erst wirklich unsterblich gemacht, aber was kann ein Toter schon mit Unsterblichkeit anfangen?“

Oder: „Wie, zum Beispiel, rechtfertigst du deine (freiwillige) wittgensteinkeske Teilnahme an diversen Kriegen, so als harter, Strapazen auf sich nehmender Mann, nur um dann spitze Dinge in Leute zu stecken, die in diesem Moment garantiert liebend gerne woanders wären? Glaubtest du etwa wirklich, die Wahrheit über das Wesen der Dinge zu erfahren, indem du hilfst, unhübsche Schlachtfelder zu produzieren, zugegeben recht brutale Orte, um das Leben ganz besonders schätzen zu lernen. Oder wolltest du nur deinen Pappi beeindrucken, der als Steinmetz nichts von verweichlichten Memmen gehalten haben kann? Oder war es doch Xanthippe, die dich zur Philosophie trieb, indem sie dir das Leben so schwer wie möglich machte, so wie Nietzsche schlussfolgerte und wenn man ihre Funktion im Geiste Hegels interpretiert. Rechtes Denken soll zu rechtem Handeln führen? Glaubtest du etwa heimlich an die Macht der Wahrheit, der Gerechtigkeit? Schade, dass du an dieser Stelle nicht weiter gedacht hast.

„Ich bin kein Philosoph!“

Ich wusste fast die ganze Zeit meines Lebens über gar nicht, einer von deinen geheimen Gefolgsleuten zu sein. Ich? Ich hätte mich bestimmt nicht mit einem ollen Sokrates beschäftigt. Nie las ich etwas über dich, und das, zumindest, hast du mit fast allen Philosophen gemein. Ich fing erst mit ca. 50! Jahren an, mich überhaupt dafür zu interessieren, was andere Leute sich so zu diesem ganzen ‚WarumKlumpatsch’ zusammen gesponnen hatten. Bis dahin wusste ich alles selber besser, denn ich wusste, dass ich nicht wusste, ich wusste aber auch, dass ich der einzige Mensch auf der Erde bin, der die mir richtigen Fragen stellt und also auch die mir richtigen Antworten findet.

„Ich bin kein Philosoph!“

Ich weiß es immer noch nicht. Das kann man doch zur Not als Antwort auf alle Fragen des Seins durchgehen lassen.

„Ich bin nun mal kein Philosoph!“


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RE: Die Wahrheit Qua Wiederholung

#2 von Sirius , 10.02.2016 20:06

Na, du bist mir ja einer! Erzählst erst beschwörend, dass du gar kein Philosoph bist, holst dann aber Sokrates, Hegel und Cindy von Marzahn raus!
Und Sokrates ist ja neulich gestorben und kann deine Vorwürfe auch nicht mehr beantworten, und ich könnte sie nicht mal formulieren! Ich weiß ja noch nicht mal, was einen Philosophen ausmacht. Ist das ein Lehrberuf oder muss man unbedingt erst studieren, um den Mist von anderen Leuten zu glauben, um erst danach zu verkünden: Ihr seid alle doof, ich bin der Philosoph!
Aber, und nur das ist mir eigentlich philosophisch wichtig: Deine Ausführungen sind immer sehr amüsant und unterhaltsam, ganz gleich, über welches Thema du redest, von dem du vorgibst, keine Ahnung zu haben.

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