Romandebüt „Monster wie wir“
Die Vampire der Kindheit
Ulrike Almut Sandig erzählt in ihrem fulminanten Romandebüt „Monster wie wir“ von der Allgegenwart der Gewalt. Eine Lektüre, die lange nachhallt.
Der Vater ist Pfarrer. Ausgerechnet. Wenn es Probleme in der Familie gibt, schlägt er zu. Die Frau bekommt Ohrfeigen, den beiden Kindern wird der Hintern versohlt. „Wir sind wie jede gute Familie“, sagt Tochter und Erzählerin Ruth so ernüchtert wie sarkastisch. Im Rückblick auf ihre Kindheit schildert sie viele Szenen, die kaum auszuhalten sind, und was schon auf den ersten Seiten dieses präzise komponierten Romans auffällt, ist der einerseits poetische, dann aber auch gekonnt prosaische Tonfall, in dem die Gewalterfahrungen beschrieben werden.
„Monster wie wir“ ist der erste Roman von Ulrike Almut Sandig, die bislang vor allem Lyrik, aber auch kürzere Prosa veröffentlicht hat. Anders als der seltsam holprig formulierte Klappentext suggeriert, handelt es sich keineswegs um das Porträt einer Generation, sondern vielmehr um einen Gesellschaftsroman, der die dunkelsten Seiten familiären Machtmissbrauchs in sehr unterschiedlichen Generationen beschreibt.
Dabei ist die Geschichte weniger als Abrechnung mit den Tätern zu lesen; der Text konzentriert sich vielmehr auf die Frage, wie in autoritär-bürgerlichen Milieus mit körperlichen und verbalen Übergriffen umgegangen wird und welche gravierenden Folgen die Tabuisierung der Gewalt hat. Tatsächlich sprechen Sandigs Protagonisten, wie sie handeln, nämlich rücksichtslos, unverschämt und böse: „Wenn man so dicke Beine hat wie du“, sagt der Mann zur Frau, „sollte man eigentlich keine Minikleider tragen.“
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