Heike Duken: „Denn Familie sind wir trotzdem“ – Lass uns heimfahren, Opa
Im autobiografischen Roman „Denn Familie sind wir trotzdem“ von Heike Duken wird der SS-Großvater mit sehr zarten Strichen getuscht
Man darf sich die durchschnittlichen Nazi-Großeltern nicht als Monster vorstellen, nicht als lebende Leichen im Familienkeller, als maskierte Fremdlinge in der westdeutschen Nachkriegswelt. Sie prägten sie vielmehr, gebaren sie, waren sie. Wie viele – um mal nur von der Funktionselite zu sprechen – ehemalige SS-Leute schlüpften durch das lose Netz der Entnazifizierung, tauchten ein paar Jahre unter und saßen dann als Jedermänner wieder mit am Tisch?
Hunderttausende müssen es gewesen sein. Eltern einer neuen Generation, der sie aber wenig mitzugeben hatten außer ihrem gekränktem Stolz, dass es nichts geworden ist mit dem begüterten Leben im Osten oder – in den besseren Fällen – dem gelegentlichen Erschrecken über sich selbst nach dem soundsovielten Bier und Korn in der Nacht. Die einen zogen den Scheitel ihr Leben lang mit dem Lineal und bewahrten die Zyankalikapsel im Nachttisch auf, die anderen häuteten sich, so gut sie konnten, und versuchten, ihre Schuld mit Selbsthass zu begleichen. Keine Wurzeln und keine Flügel für die folgende Generation, erst die Enkel brachen oft die Starre.
Der Vater der Schriftstellerin Heike Duken war bei der Waffen-SS. Er muss fast 50 gewesen sein bei ihrer Geburt im Jahr 1966 und starb, als sie noch klein war. Jan Richard Duken, sie widmet ihm ihren zweiten Roman, „Denn Familie sind wir trotzdem“, der jetzt im Limes Verlag erschienen ist. Wie ihre Protagonistin Ina hat Duken Psychologie studiert, wie Inas Vater im Buch wuchs Dukens Vater mit seinem Bruder bei einem Onkel auf, der sich als Kinderarzt in der Euthanasie betätigte und seine Neffen mit brutalem Drill erzog. Und ganz wie Inas Großeltern im Roman waren Dukens Großeltern Weltreisende, die sich nicht mit zu vielen Kindern belasten wollten und froh waren, dass es einen Bruder und Schwager gab, der zwei von ihnen übernahm.
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