Reise durch Sachsen-Anhalt
Das Land der Maskengegner
Nirgendwo in Deutschland sind die Corona-Regeln so locker wie in Sachsen-Anhalt. Daran ändert auch das Treffen von Kanzlerin und Ministerpräsidenten nichts. Trotzdem ist die Wut auf die Bundesregierung riesig. Eine Reise durch ein Land, das auf der Kippe steht.
Albrecht Lindemann lehnt sich gegen eine Steinsäule und sagt: "Jetzt wächst die Wut. Die Menschen hier haben einfach genug von den heftigen Einschränkungen." Lindemann ist evangelischer Pfarrer, er steht in seiner Kirche Sankt Bartholomäi in Zerbst, einer kleinen Stadt mitten in Sachsen-Anhalt. Der Hauptteil des Kirchenschiffs hat seit dem Zweiten Weltkrieg kein Dach mehr, bei gutem Wetter finden die Gottesdienste draußen statt. "Freiheit, wenigstens über dem Kopf", sagt Lindemann, deutet nach oben und lächelt.
Über 3.000 Gemeindemitglieder betreut Lindemann gemeinsam mit zwei anderen Pfarrern in der Kleinstadt. Es gibt wohl niemanden in der Gegend, der ein genaueres Bild von der Stimmung hat als der 45-Jährige. Jeden Tag um Viertel vor acht sitzt er in seinem Pfarrbüro, jeden Tag kommen die Menschen herein und erzählen ihm von ihren Sorgen in der Corona-Zeit – und von ihrer Wut auf die Bundesregierung.
Die Leute, sagt Lindemann, fragten sich zunehmend, für wen da in Berlin eigentlich Politik gemacht werde. Vor Ort seien viele Maßnahmen zwar gelockert worden, "doch der Frust wird nicht so schnell verschwinden". Er schließt die Kirche ab und macht sich auf den Weg in sein Pfarrbüro.
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