Kein Herz aus Holz
Fake News für Hobby-Ornithologen, die Flüchtlingskrise und eine unvergessliche Szene mit Elvis: Ali Smith erzählt in ihren Zeit-Romanen sprunghaft und vom Heute. Die zweite Folge ihrer Reihe heißt "Winter".
Man kann jetzt einen Halbzeitbericht geben zur Reihe der vier Jahreszeiten-Romane von Ali Smith, die 2017 mit "Herbst" startete (deutsch 2019, siehe SZ vom 6.1.20) und von der eben auf Deutsch der zweite Band, "Winter", erschien, in der dynamischen Übersetzung von Silvia Morawetz. Die Bände sind im Ein-Jahres-Rhythmus geschrieben, der letzte, "Summer", ist dieses Jahr in England erschienen. Ein Projekt, in dem es Ali Smith um Aktualität geht, keine Angelegenheit von zeitloser Besinnlichkeit. Ihrem Verlag Hamish Hamilton gegenüber hat sie darauf bestanden, dass jeder Band möglichst schnell, nachdem er fertig geschrieben war, erscheinen würde - in dem Begriff novel, sagt sie, steckt das Wort "neu". Ein Romanwerk wie eine Zeitung, ganz und gar poetisch.
Vier Zeit-Romane, Romane der Zeit, die Großbritannien gerade durchlebt. Die in all den pittoresken, grotesken, surrealen Ereignissen und Reminiszenzen, von denen sie überquellen, natürlich vom Brexit bestimmt sind und vom britischen Selbstverständnis, von Verunsicherung, Führungslosigkeit, Misere.
Einmal ist, in einer der zahlreichen Diskussionen des Buchs, von einem Königreich die Rede, "das in Chaos, Lügen, Machtgeschacher und Uneinigkeit versinkt, samt etlichen Vergiftungen und Selbstvergiftungen ... In dem jeder vorgibt, jemand anderes oder etwas anderes zu sein". Es ist das Reich in Shakespeares "Cymbeline", aber sicher nicht nur. Ali Smith, geboren in Schottland, in Cambridge lebend, liebt die weitschweifende Fantasy von Shakespeares Märchenstücken.
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https://www.sueddeutsche.de/kultur/ali-s...nsion-1.5170844
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