Gesammelte Prosa von Josef Winkler
Der Atlas macht mich krank
Josef Winkler sucht Gerechtigkeit und findet den Streit. Seine Textsammlung "Begib dich auf die Reise oder Drahtzieher der Sonnenstrahlen" enthält ein paar Beispiele dafür.
Wo einer herkommt, ist ein großes Thema, und je nach politischem Pol ist es entweder allesbestimmend oder demonstrativ egal. Interessant wird es, wie immer bei solchen Oppositionen, in der Mitte. Josef Winkler kommt aus Kärnten, wo nicht erst seit Jörg Haider, dem bei einem Autounfall ums Leben gekommenen "Landeshauptmann" der FPÖ, die eher rechte Weltanschauung zum Inventar gehört. Winkler hat darüber in vielen seiner Texte geschrieben, und man könnte seinen Generalabrechnungen mit der Ignoranz, der Geducktheit und der grundsätzlichen Feindseligkeit der österreichischen Landbevölkerung entnehmen, dass er lieber woanders herkäme, was aber natürlich auch wieder nicht so einfach ist, denn es geht in Winklers Heimatauseinandersetzungen eben gerade darum, von irgendwo zu kommen. "Wenn es soweit ist" hieß der Text, den Winkler 1998 über sein Heimatdorf Kamering veröffentlichte, und in dem vor allem gestorben wurde, dass sich die Knochen nur so türmten, denn die Dorfgeschichte, wie er sie erzählt, ist eine Ansammlung von Gebeinen längst Verstorbener, der Opfer von Engstirnigkeit und Faschismus, die zu einem besonderen Sud zusammengekocht werden, der dazu dient, Ungeziefer vom Nutzvieh fernzuhalten. Menschenkörper sind in dieser Welt Material. Winklers Waffe gegen diese Heimat jedenfalls ist eine Literatur, die sich paradoxerweise aus eben ihren Schrecken speist.
Winklers Poetik könnte man also eine Art intellektuelle Migration im eigenen Land nennen. Sie ist sein Programm schon seit frühesten Texten, die erst vor ein paar Jahren unter dem Titel "Wortschatz der Nacht" erschienen sind. Und auch die neueste Textsammlung "Begib dich auf die Reise oder Drahtzieher der Sonnenstrahlen", aus der viele Texte schon als Nachworte, Reden und Auftragsarbeiten erschienen sind, kann man im weitesten Sinne autobiografisch lesen.
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